Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - A18
DOI: 10.1055/s-0036-1583569

Kindliche Harninkontinenz bei Ureterektopie eines 11-Jährigen Mädchens – ein Fallbericht

A Dippe 1, A Kolterer 1, M Fröhner 1, P Wimberger 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

Fragestellung:

Eine ektope, außerhalb der Blase gelegene Harnleitermündung stellt ein seltenes Krankheitsbild dar. Das Leitsymptom bei Mädchen ist ein permanentes Harnträufeln bei ansonsten normaler Blasenentleerung. Oft dauert es Jahre nach der Sauberkeitserziehung bis diese Diagnose gestellt wird. Ein Kasus aus unserer urogynäkologischen Sprechstunde soll dargestellt werden.

Methodik:

Anhand eines Fallbeispieles wird der klinische und therapeutische Verlauf einer vaginalen Ureterektopie bei einem 11-jährigen Mädchen aufgezeigt.

Die Vorstellung der Patientin erfolgte bei permanenter kindlicher Harninkontinenz. Mit 11 Jahren trug die Patientin ständig Windeln. Bis zum Vorstellungszeitpunkt war das äußere Genitale des Kindes nicht inspiziert wurden, da die Mutter die Ursache der Harninkontinenz in der Psyche des Kindes sah.

Bei der Inspektion des äußeren Genitales zeigte sich eine unauffällige Vulva sowie neben dem Ostium urethrae externum bei etwa 7 Uhr eine weitere punktförmige Öffnung mit Urinabgang. Bei V.a. einen ektopen Ureter, DD Blasen-Scheidenfistel, DD Urethra-Scheidenfistel erfolgte die Überweisung an die Urologie. In einer MR-Ureterografie zeigte sich eine Dopplung des Nierenbeckenkelchsystems rechts mit ektoper Mündung des dilatierten oberen Systems vermutlich in die Vagina. Das untere Nierenbeckenkelchsystem, der Ureter rechts sowie das linke Nierenbeckenkelchsystem mit dem linken Ureter waren regelrecht und mit orthotoper Mündung. Eine präoperativ durchgeführte Nierensequenzszintigrafie erbrachte einen kleineren Funktionsanteil im oberen Nierenpol und einen größeren Funktionsanteil im unteren Nierenpol. In der Folge wurde eine lumbale Nierenteilresektion im Sinne einer Resektion des oberen Nierenpols samt des dilatierten kranialen Ureters durchgeführt. Der intra- und postoperative Verlauf gestalteten sich unauffällig. Die Patientin wurde beschwerdefrei entlassen.

Ergebnisse/Schlussfolgerung:

Bei kindlicher Harninkontinenz jenseits des 5. Lebensjahrs, insbesondere bei Mädchen, ist auch an eine seltene Diagnose wie eine Ureterektopie zu denken. Eine einfache Inspektion des äußeren Genitales kann dabei wegweisend sein und einen langen Leidensweg für die jungen Patientinnen und deren Familien beenden. Eine Verzögerung der Diagnose eines ektop mündenden Ureters rührt nicht zuletzt aus der unterschiedlichen Bewertung und Beurteilung der kindlichen Harninkontinenz durch die Familie sowie den erheblichen diagnostischen Schwierigkeiten der radiologischen Verfahren. Nach Diagnosestellung kann eine operative Therapie die völlige Beschwerdefreiheit erzielen.