Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - A35
DOI: 10.1055/s-0036-1583586

Auswirkungen von Chemotherapeutika auf die Plazenta

K Fröhlich 1, A Schmidt 1, J Heger 1, UR Markert 1
  • 1Placenta-Labor, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Jena

Fragestellung: Aufgrund des in Industrieländern steigenden Alters bei Eintritt einer Schwangerschaft ereignet sich zunehmend häufiger eine Koinzidenz mit einem Mammakarzinom. Nach Abschluss des ersten Trimesters ist eine Therapie mit Chemotherapeutika indiziert. Die aktuelle Datenlage zeigt, dass die Verträglichkeit sowohl für Mutter als auch Fetus gut ist, jedoch häufig ein erniedrigtes Geburtsgewicht der Neugeborenen auftritt im Vergleich zu unauffälligen Schwangerschaften. Grund dafür kann eine Funktionsbeeinträchtigung der Plazenta sein. Deshalb ist unser Ziel mögliche toxische Auswirkungen von häufig eingesetzten Chemotherapeutika auf die Trophoblastzellen zu analysieren.

Methodik: Villöse Explantate (VEs) wurden nach spontaner Geburt oder einer Sektio präpariert und anschließend kultiviert (n = 3). Nach einer 24h Erholungsphase wurden die VEs mit Doxorubicin (Dx), Docetaxel (Dc), 5-Fluorouracil (FU) oder Vincristin (Vn) für 24h oder 48h inkubiert. Glukose, Lactat, Lactat-Dehydrogenase (LDH), humanes Choriongonadotropin (hCG), Estrogen and Progesteron wurden im Überstand gemessen. Die metabolische Aktivität wurde mit dem MTS-Assay bestimmt. Schließlich wurden die VEs histologisch und immunhistochemisch (Ki-67, cPARP) ausgewertet.

Ergebnisse: Glucose, Laktat und LDH waren in den Überständen signifikant verändert. hCG, Estrogen und Progesteron waren nicht signifikant verändert, wobei die Estrogenlevel mit zunehmenden Zytostatikakonzentrationen abnahmen. Die metabolische Aktivität von den VEs wurde durch die Behandlung mit Dx oder Dc reduziert. Vn führte zu einer Erhöhung der metabolischen Aktivität. Zur histologischen Beurteilung der VEs wurde ein Scoring-System mit 4 Kriterien (Trophoblast, Fibrinabscheidungen, Proliferationsknoten, subepitheliale Vakuolisierung) etabliert, welches die Schädigung der behandelten VEs aufzeigte. Die Behandlung mit FU hinterließ die größten Veränderungen der VEs. Dx, Dc und Vn führten zu der stärksten Abnahme der Proliferation in den VEs.

Schlussfolgerung: Aufgrund des wie auch in vivo vorkommenden Zellverbandes stellen VEs ein interessantes Modell zur Untersuchung von toxischen Auswirkungen auf Plazenta dar. Alle Chemotherapeutika führten zur Veränderungen der VEs im Vergleich zu den Kontroll-VEs. Ebenso konnten unterschiedliche Auswirkungen durch die verschiedenen Substanzklassen festgestellt werden. Die histologische Auswertungsmethode zeigte eine höhere Sensitivität, da hier verschiedene Kriterien beurteilt wurden und somit die Komplexität des Gewebeverbandes berücksichtigt werden konnte. Da die Vitalität der Kontroll-VEs mit zunehmender Inkubationszeit auch stark beeinträchtigt wurde, müssen für weitere Untersuchungen die Kultivierungsbedingungen optimiert werden.