Zeitschrift für Phytotherapie 2016; 37 - Vet04
DOI: 10.1055/s-0036-1584422

Arzneipflanzen – prophylaktische und therapeutische Optionen für Erkrankungen des Verdauungstrakts und der Atemwege bei Kälbern und Ferkeln?

H Ayrle 1, M Mevissen 2, M Kaske 3, H Nathues 4, N Grützner 4, MF Melzig 5, M Walkenhorst 1
  • 1Department of Livestock Science, Research Institute of Organic Agriculture, Frick, Switzerland
  • 2Division Veterinary Pharmacology & Toxicology, Department Clinical Research and Veterinary Public Health, Vetsuisse Faculty, University of Bern, Bern, Switzerland
  • 3Department of Farm Animals, Vetsuisse Faculty, University of Zurich, Zurich, Switzerland
  • 4Department of Clinical Veterinary Medicine, Swine Clinic, Vetsuisse Faculty, University of Bern, Bern, Switzerland
  • 5Dahlem Centre of Plant Sciences, Institute of Pharmacy, Freie Universität Berlin, Berlin, Germany

Die Behandlung von Krankheiten des Gastrointestinal- (GIT) sowie des Respirationstrakts (RT) bei Jungtieren [1, 2] stellt einen großen Teil der Antibiotikaanwendungen in der Landwirtschaft dar. Eine Vielzahl an Arzneipflanzen (AP) weisen ein Potenzial im prophylaktischen und therapeutischen Einsatz bei Jungtiererkrankungen auf und könnten zur Reduktion des Antibiotikaeinsatzes beitragen. Ziel dieses systematischen Reviews war, die erfolgversprechendsten AP zur Behandlung des GIT und RT sowie für die Modulation des Immunsystems bei Jungtieren zu identifizieren. Das Review wurde anhand des PRISMA Statements [3] durchgeführt. Um die Vielzahl an möglichen AP einzugrenzen, wurden primäre Quellen (Standartlehrbücher zur (Veterinär-)Phytotherapie, Publikationen zur Ethnoveterinärmedizin und ein Bericht der EFSA) sowie Experten der Veterinärphytotherapie herangezogen und 30 AP identifiziert. Zu diesen wurde eine datenbankbasierte Literatursuche durchgeführt (PubMed [4], Web of Science [5]), bei der ausschließlich ‚peer-reviewed' Publikationen der letzten 20 Jahre in englischer und deutscher Sprache berücksichtigt wurden. Es wurden 418 Referenzen (257 in vitro, 84 in vivo und 77 klinische Studienergebnisse) ermittelt, welche unseren Auswahlkriterien entsprachen. Der Fokus von 46 Referenzen lag auf Nutztieren (Schweine: 19; Rinder: 5). Die meisten dieser klinischen Versuche setzten AP als Futterzusatz ein, nicht explizit als Pharmazeutikum. Aufgrund der geringen Anzahl an klinischen veterinärmedizinischen Studien wurden auch primär auf die Humanmedizin ausgerichtete Studien in die Auswertung mit einbezogen. Anhand eines Bewertungssystems, basierend auf ausgewiesenen Effekten sowie der Zahl und Art von Referenzen, wurde eine Rangliste der vielversprechendsten AP erstellt. Allium sativum L. nahm dabei die Rangposition 1 für den GIT ein während Echinacea purpurea sowohl hinsichtlich des RT als auch zur Immunmodulierung an erster Stelle stand (Tab. 1).

Danksagung: Die Autoren bedanken sich beim Schweizer Einzelhändler Migros, der diese Arbeit innerhalb des Projekts Migros Phyto Jungtiere finanziert hat.

Tab. 1: Die vielversprechendsten Arzneipflanzenspezies und ihre Effekte für die Prophylaxe und Therapie von Erkrankungen des Gastrointestinal- und Respirationstrakts bei Kälbern und Ferkeln.

Gastrointestinaltrakt

Respirationstrakt

Modulierung Immunsystem

Allium sativum L.
(Knoblauch)
antibakteriell, Synergismus mit Antibiotika, antiprotozoisch, antidiarrhöisch, immunstimulierend, antiinflammatorisch

Echinacea purpurea (L.) MOENCH
(Purpur-Sonnenhut)
antibakteriell, antiviral, immunstimulierend, antiinflammatorisch

Echinacea purpurea (L.) MOENCH
(Purpur-Sonnenhut)
immunstimulierend, antiinflammatorisch

Mentha x piperita L.
(Pfefferminze)
antibakteriell, Synergismus mit Antibiotika, spasmolytisch, antidiarrhöisch

Thymus vulgaris L.
(Thymian)
antibakteriell, bronchospasmolytisch

Camellia sinensis (L.) KUNTZE
(Schwarz-/Grüntee)
immunstimulierend, anti-inflammatorisch

Salvia officinalis L.
(Salbei)
antibakteriell, antiprotozoisch, antidiarrhöisch, spasmolytisch, immunstimulierend

Althaea officinalis L.
(Eibisch)
antitussiv

Glycyrrhiza glabra L.
(Süßholz)
immunstimulierend, antiinflammatorisch

[1] Beer G et al. Schweiz Arch Tierheilkd 2015; 157: 55 – 57

[2] Eidgenössisches Departement des Innern & Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen: ARCH Bericht über den Vertrieb von Antibiotika in der Veterinärmedizin und das Antibiotikaresistenzmonitoring bei Nutztieren in der Schweiz. 2013

[3] Moher D et al. J Clin Epidemiol 2009; 62: 1006 – 1012

[4] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed. Zugangsdatum 16.-19.02.2016

[5] http://apps.webofknowledge.com. Zugangsdatum 16.-19.02.2016