Zeitschrift für Phytotherapie 2016; 37 - P10
DOI: 10.1055/s-0036-1584473

Reaktivierung der (pseudo-)halogenierenden Aktivität der Lactoperoxidase durch Gerbstoffderivate und gerbstoffreiche Pflanzenextrakte

J Gau 1, J Arnhold 1, J Flemmig 1
  • 1Institut für Medizinische Physik und Biophysik, Universität Leipzig, Deutschland

Das Enzym Lactoperoxidase (LPO) gehört zu den immunologisch relevanten Häm-Peroxidasen und ist Bestandteil der angeborenen Immunantwort [1]. Durch Schleimdrüsen wird es in verschiedene Körperflüssigkeiten (z.B. Speichel, Milch oder Tränen) sezerniert und katalysiert dort in Anwesenheit von Thiocyanat (SCN-) und Wasserstoffperoxid (H2O2) die Bildung von bakterizid wirksamem Hypothiocyanit (-OSCN) [2]. Die reversible Bildung inaktiver LPO-Redoxintermediate (z.B. Komplex II und III) kann zur Beeinträchtigung der -OSCN-Bildung führen, wodurch die Entstehung entzündlicher Erkrankungen innerhalb der Mundhöhle (z.B. Gingivitis oder Parodontitis) gefördert wird [3]. Die Reaktivierung der (pseudo-)halogenierenden Enzymaktivität durch leicht ein-elektronisch oxidierbare Substanzen stellt daher einen möglichen Mechanismus zur Behandlung oraler, entzündlicher Prozesse dar. Im Hinblick auf relevante Phytopharmaka mit antiinflammatorischer Wirksamkeit innerhalb der Mundhöhle haben vor allem Mundspülungen gerbstoffhaltiger Pflanzenextrakte von Ratanhiawurzel und Tormentillwurzelstock große Bedeutung [4]. Ausgehend von umfangreichen Voruntersuchungen mit (Poly-)phenolen (z.B. Zimtsäurederivate und Flavonoide), welche sich als effiziente Reaktivatoren der (pseudo-)halogenierenden LPO-Aktivität herausstellten [5], erfolgten enzymkinetische Messungen mit einzelnen Gerbstoffderivaten als auch mit ethanolischen Pflanzenextrakten von Ratanhiawurzel und Tormentillwurzelstock. Nach H2O2-induzierter Inaktivierung der durch LPO katalysierten -OSCN-Bildung, wurde der Einfluss der genannten Substanzen auf die enzymatische Aktivität mithilfe von 5-Thio-2-nitrobenzoesäure bestimmt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Einzelsubstanzen wie auch die pflanzlichen Extrakte potente LPO-Regeneratoren darstellen. Die Untersuchungen liefern somit neue Hinweise hinsichtlich des pharmakologischen Wirkmechanismus sowie neuer Targets in der Phytotherapie entzündlicher Erkrankungen der Mundhöhle.

[1] Sharma S et al. Int J Biochem Mol Biol 2013; 4: 108 – 128

[2] Bafort F et al. Enzyme Res 2014; 2014: ID 517164

[3] Hoogendoorn H et al. Odontol Revy 1973; 24: 355 – 366

[4] Hänsel R, Sticher O. Pharmakognosie – Phytopharmazie. Heidelberg: Springer; 1965

[5] Gau J et al. Biochem Biophys Rep 2015; 4: 257 – 267