Zeitschrift für Phytotherapie 2016; 37 - P29
DOI: 10.1055/s-0036-1584492

Anwendung von Presssaft aus Artischockenblütenknospen beim metabolischen Syndrom

T Wegener 1, R Görne 2
  • 1Consulting HMP, Weinheim, Deutschland
  • 2Sachverständigenbüro für Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Neustadt an der Weinstraße, Deutschland

Neuere Daten hatten für Artischockenpräparate (Extrakte, Presssaft) eine positive Beeinflussung der Stoffwechsellage beim metabolischen Syndrom gezeigt: bei gesunden Probanden zeigte sich im Pilotversuch eine postprandiale blutzuckersenkende Wirkung [1, 2], placebokontrolliert zeigte sich beim übergewichtigen Patienten eine Senkung des Nüchternblutzuckers um ca. 10% [3]. Grundlage ist offenbar eine Hemmung der α-Amylase und der α-Glucosidase in vitro [1, 2], in vivo (Ratte) ist eine Wirkung im Insulin-Metabolismus belegt [4]. Die Wirkungen des Presssaftes aus den Artischockenblütenknospen wurden nun auch mit Patienten untersucht. Hierzu wurde zunächst eine Serie von Einzelkasuistiken durchgeführt. Im Ergebnis zeigte sich bei Gabe des Presssaftes vor einer kohlehydratreichen standardisierten Testmahlzeit bei 6 Typ-2-Diabetikern im Vergleich zur Testmahlzeit ohne vorherige Presssaftgabe eine deutliche Absenkung der postprandialen Blutzuckerspiegel. Um zu prüfen, ob günstige Effekte auf klinisch-chemische Parameter auch bei Langzeitgabe eintreten, wurden 52 Patienten mit Verdauungsbeschwerden und langjährigem Diabetes Typ 2 (mittl. Alter 62,6 Jahre; alle Patienten mit antidiabetischer Pharmakotherapie) in eine nicht-interventionelle Studie (NIS) gemäß AMG eingeschlossen und erhielten den Presssaft in einer Dosis von 3 × 10 ml pro Tag. Nach 3 Monaten war der Nüchternblutzucker um 7,8%, der HbA1c-Wert um 5,7% und Gesamtcholesterin um 5,4% gesunken. Zudem besserten sich typische Symptome von Verdauungsbeschwerden wie Völlegefühl um 60% und Druck/Spannungsgefühl um 57%. Das durch die Verdauungsbeschwerden beeinträchtigte allgemeine Wohlbefinden besserte sich um 58%. Über Nebenwirkungen wurde im Studienverlauf nicht berichtet. Auf Basis dieser Ergebnisse ist eine Anwendung von geeigneten Artischockenzubereitungen wie hier dem Presssaft aus den Blütenknospen beim metabolischen Syndrom vielversprechend; weitere Untersuchungen zum Beleg wären sinnvoll.

[1] Funke I. Dissertation. Freie Universität Berlin 2007

[2] Melzig M, Funke I. Z Phytother 2010; 31: 236 – 240

[3] Rondanelli M et al. Phytother Res 2014; 28: 33 – 41

[4] Fantini N et al. Phytother Res 2011; 25: 463 – 466