Gesundheitswesen 2016; 78 - A171
DOI: 10.1055/s-0036-1586680

Gesundheitliche Belastungen bei Langzeitarbeitslosen im SGB II Bezug – Ergebnisse einer Teilnehmerbefragung der Evaluation der integrierten Gesundheits- und Arbeitsförderung für die Stadt Essen

J Haupt 1, C Pieper 1
  • 1IMIBE, Universitätsklinikum Essen

Hintergrund: Ein Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Gesundheit ist in Studien belegt. Für Essen besteht ein besonderer Handlungsbedarf; die SGB-II-Quote liegt bei 19,2% und damit an sechster Stelle im Bundesgebiet.

Mit dem §45 SGB III können Maßnahmen der Gesundheitsorientierung in arbeitsfördernde Maßnahmen integriert werden. Die Studienlage hierzu ist heterogen, lässt aber hinsichtlich der Verbesserung gesundheitlicher Beeinträchtigungen auf positive Effekte schließen.

Methoden: Das Evaluationsdesign besteht aus einer Struktur-, Prozess- und Ergebnisevaluation mittels qualitativer und quantitativer Methoden. Die Jobcenter-Kunden wurden schriftlich befragt. Die soziodemografischen Daten der Teilnehmerbefragung wurden zur Validierung mit der Dokumentation des Jobcenters abgeglichen. Es wurden qualitative Interviews mit Gutachtern und Jobcentermitarbeitern durchgeführt.

Ergebnisse: 36 Personen wurden in 2015 in das Projekt eingeschlossen. Es liegen für 26 Personen Fragebögen vor (r = 72%). Das mittlere Alter liegt bei 39 ± 8 Jahren.

Die Hälfte der Teilnehmer ist länger als 3 Jahre arbeitslos. Zwei Teilnehmer haben keinen Schulabschluss, 10 Teilnehmer (39%) haben keine abgeschlossene Berufsausbildung. Mehr als die Hälfte fühlt sich durch ihren Gesundheitszustand bei schweren Tätigkeiten stark beeinträchtigt. 58% sind aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme in der Art ihrer Tätigkeiten eingeschränkt. Ebenfalls 58% geben an, aufgrund gesundheitlicher Probleme im Alltag weniger zu schaffen, als sie sich vorgenommen haben. 62% haben sehr häufig Rückenschmerzen, die Hälfte leidet außerdem sehr häufig unter Nackenschmerzen. Des Weiteren geben 62% an sehr häufig Schlafstörungen zu haben, 73% fühlen sich oft müde.

Die qualitativen Interviews mit Gutachtern und Jobcentermitarbeitern ergaben entsprechend gesundheitliche Probleme im Bereich der Psyche, des Bewegungsapparates und des Körpergewichtes.

Fazit/Praktische Implikationen: Die Ergebnisse zeigen, dass ein Großteil der Teilnehmer gesundheitliche Probleme haben, die sie arbeitsbezogen und privat sehr einschränken. Die Integration gesundheitsfördernder Strategien kann helfen, diese Personen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Aus Sicht der Gesundheits- und Präventionsforschung bietet die Evaluation des Projekts die Möglichkeit, den Kenntnisstand zur Wirksamkeit von gesundheitsfördernden Maßnahmen weiter auszubauen und dabei qualitative Standards, wie sie auch in der betrieblichen Gesundheitsförderung gefordert werden, zu gewährleisten.