Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P010
DOI: 10.1055/s-0036-1592670

Stellenwert einer spezialisierten gynäkopathologischen Zweitbegutachtung in der Behandlung des Endometriumkarzinoms

F Grevenkamp 1, FKF Kommoss 1, FGM Kommoss 2, S Lax 3, F Fend 4, D Wallwiener 1, B Schönfisch 1, B Krämer 1, S Brucker 1, FA Taran 1, A Staebler 4, S Kommoss 1
  • 1Universitätsklinikum Tübingen, Department für Frauengesundheit, Tübingen, Deutschland
  • 2BC Cancer Agency & Dept. of Pathology, Vancouver General Hospital, Vancouver, Kanada
  • 3LKH Graz West, Institut für Pathologie, Graz, Österreich
  • 4Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Pathologie, Tübingen, Deutschland

Fragestellung: Die pathologische Diagnostik stellt in der Behandlung maligner Tumorerkrankungen eine zentrale Rolle dar. Für die Therapie des Endometriumkarzinoms erlangt neben der Festlegung des FIGO-Stadiums insbesondere die Beurteilung von histologischem Typ und Differenzierungsgrad eine besondere Bedeutung. Das Ziel dieser Studie war es, eine spezialisierte gynäkopathologische Zweitbegutachtung von Endometriumkarzinomen an einem großen Kollektiv durchzuführen und deren möglichen Einfluss auf die Patientenversorgung zu untersuchen.

Methode: Identifikation sämtlicher in den Jahren 2003 – 2013 an der Universitätsfrauenklinik Tübingen behandelten Patientinnen mit der Diagnose „Endometriumkarzinom“. Zweitbegutachtung histologischer Schnittpräparate, ggf. ergänzt durch immunhistochemische Zusatzuntersuchungen durch drei spezialisierte Gynäkopathologen. Risikostratifizierung gemäß im Jahre 2016 publizierter ESMO Kriterien.

Ergebnisse: In 565/745 Fällen stand Material für die Zweitbegutachtung zur Verfügung. In 51/565 (9,0%) Fällen ergaben sich nach Zweitbegutachtung potentiell klinisch relevante Diskrepanzen, welche sich in drei Kategorien unterteilen lassen. 1) Bestätigung der Diagnose „Endometriumkarzinom“, jedoch Änderung der ursprünglichen Risikoklassifizierung (n = 34). 2) Abweichende Diagnose eines andersartigen uterinen Malignoms (n = 6). 3) Diagnose einer Vorläuferläsion (atypische Hyperplasie, n = 10) bzw. einer gutartigen Läsion (APAM, n = 1).

Zusammenfassung: Nach Auswertung der im Rahmen dieser Studie erhobenen Daten ergibt sich für eine routinemäßige Zweitbegutachtung von Endometriumkarzinomen zunächst keine zwingende Notwendigkeit. In speziellen klinischen Situationen (z.B. Wunsch eines Fertilitätserhalts bei atypischer Hyperplasie) und vor dem Hintergrund translationaler Forschungsprojekte hingegen ist die zusätzliche Einbeziehung spezieller gynäkopathologischer Expertise im Sinne einer optimalen Patientenversorgung und zur Homogenisierung von Studienkollektiven jedoch dringend zu empfehlen.