Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P525
DOI: 10.1055/s-0036-1592935

Depressivität bei (drohender) Frühgeburt im Längsschnittverlauf

S Oddo-Sommerfeld 1, S Schulze 1, L Bodniece 1, 2, K Schermelleh-Engel 2, F Louwen 1
  • 1Universitätsklinik Frankfurt, Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Frankfurt, Deutschland
  • 2Universität Frankfurt, Psychologische Fakultät-Methodenlehre, Frankfurt, Deutschland

Zielsetzung: Eine (drohende) Frühgeburt kann zu erheblicher psychischer Belastung der werdenden Mutter führen, häufig einhergehend mit depressiven Symptomen. Die Gesundheit der Kinder kann dadurch nachhaltig beeinträchtigt werden, da eine psychische Belastung der Mutter auch die Interaktion mit dem Kind beeinflussen kann. Bisher liegen kaum prospektive Studien zur Untersuchung psychischer Belastung vor und nach (drohender) Frühgeburt vor und Risiko- und Schutzfaktoren sind wenig untersucht.

Materialien: Im Rahmen einer Längsschnittstudie wurden bisher psychische Belastungsverläufe von 330 Patientinnen zu 3 Messzeitpunkten präpartal bis 6 Monate postpartal analysiert. Es wurden drei Gruppen verglichen: Schwangere mit drohender Frühgeburt und tatsächlicher Frühgeburt, Schwangere mit drohender Frühgeburt und tatsächlich zeitgerechter Geburt (zusammengefasst als Risikogruppe), sowie Schwangere ohne Risiko und mit zeitgerechter Geburt (Kontrollgruppe).

Methoden: Die Daten wurden über Fragebögen erhoben und mittels Varianzanalysen mit Messwiederholung und Pfadanalysen ausgewertet. U.a. wurden Selbstwirksamkeitserwartung, chronischer Stress und Ängstlichkeit im Zusammenhang mit depressiver Belastung untersucht.

Ergebnisse: Die Risikogruppe ist präpartal und sechs Wochen postpartal depressiver als Mütter ohne Risiko. Sechs Monate nach Geburt besteht dieser Unterschied nicht mehr. Die Depressivität kann insbesondere durch Angst, chronischen Stress und Selbstwirksamkeit vorhergesagt werden (erklärte Varianz von 69%). Dennoch weisen sechs Monate postpartal über 23% der Mütter der Risikogruppe noch einen klinisch relevanten Depressionswert auf (EPDS310).

Zusammenfassung: (Drohende) Frühgeburt und dadurch bedingte Depressivität sind Risikofaktoren für Mutter und Kind. Die Selbstwirksamkeitserwartung hat eine Schutzfunktion. Präpartal einsetzende Programme zur Stärkung der Selbstwirksamkeit könnten zur Verringerung der klinisch relevant depressiven Mütter im Verlauf bis 6 Monate nach der Geburt führen.