Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P382
DOI: 10.1055/s-0036-1593153

12-jähriges Mädchen mit nicht DES-assoziiertem klarzelligem Adenokarzinom der Cervix uteri – ein Fallbericht

S Wejchert 1, C Dinkic 1, A Kulozik 2, P Sinn 3, C Sohn 1, J Rom 1
  • 1Frauenklinik Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • 2Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Heidelberg, Deutschland
  • 3Pathologisches Institut Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland

Hintergrund: Das Auftreten eines klarzelligen Adenokarzinom bei Kindern ist eine sehr seltene Erkrankung. Karzinome dieser Art stehen häufig in Zusammenhang mit der Einnahme des synthetischen Östrogens Diethylstilbestrol (DES), welches früher den Müttern der Betroffenen zur Abortprophylaxe verabreicht wurde. DES-assoziierte Karzinome haben im Vergleich zu nicht DES-assoziierten mit 84% zu 69% 5-Jahres-Überlebensrate, eine deutlich bessere Prognose.

Casus: Die Vorstellung des12-jährigen arabischen Mädchens erfolgte aufgrund einer nekrotisierenden, Hb-relevant blutenden Raumforderung, am ehesten von der Portio ausgehend. Das MRT zeigte einen ca. 8 × 8 × 7 cm großen intravaginalen Tumor ohne Verdacht auf lymphogene Metastasierung. Die Histologie ergab ein partiell klarzelliges Adenokarzinom, worauf in der interdisziplinären Tumorkonferenz die Indikation zur radikalen Hysterektomie mit Salpingektomie und pelviner Lymphonodektomie gestellt wurde.

Die endgültige Histologie ergab ein gering differenziertes klarzelliges Adenokarzinom der Cervix uteri; TNM: pT1b2, pN0 (0/20), L0, G3, R0; FIGO IB2. Adjuvant erfolgte eine Radiochemotherapie mit Cisplatin.

Diskussion: Der beschriebene Tumor stellt mit ca. 3% einen geringen Teil der Adenokarzinome der Cervix dar. Zu 80% ist das Vorkommen DES-assoziiert, in 20% kann keine DES-Exposition nachgewiesen werden. Auch in unserem Fall konnte keine DES-Einnahme durch die Mutter der Patientin bestätigt werden. Die sehr seltenen klarzellige Adenokarzinome der Cervix uteri, sog. Mesonephrome, entstehen aus den Müller-Epithelresten der Cervikalwand. 20% können auch ohne Diethylstilbestrol-Exposition entstehen und haben eine schlechtere 5-Jahres-Überlebensrate als DES-assoziierte Karzinome. Die Prognose ist stadienabhängig bei einem Erkrankungsalter zwischen dem 10.–30. Lebensjahr. Da bei wenigen Fallzahlen keine Leitlinien festgelegt sind, sollte das individuelle Therapieregime interdisziplinär diskutiert werden.