Zeitschrift für Palliativmedizin 2016; 17(05): 1-59
DOI: 10.1055/s-0036-1594071
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„Nur eine Rose als Stütze“ – Kunsttherapeutische Begleitung einer ALS-Patientin (79) im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV)

E Schmitz
1   Malteser Krankenhaus Seliger Gerhard Bonn/Rhein-Sieg, Zentrum für Palliativmedizin, Bonn, Deutschland
,
L Radbruch
1   Malteser Krankenhaus Seliger Gerhard Bonn/Rhein-Sieg, Zentrum für Palliativmedizin, Bonn, Deutschland
2   Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin, Bonn, Deutschland
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Publication History

Publication Date:
13 December 2016 (online)

 

Fragestellung:

Ziel der kunsttherapeutischen Begleitung der Patientin (P), die nicht mehr sprechen kann und mit der noch beweglichen linken Hand über ein Tablet kommuniziert, ist, diese zu entlasten und ihr Vertrauen in ihre Handlungsfähigkeit zu ermöglichen. Ihre Ressource, die Freude am künstlerischen Schaffen, soll ihr in dieser schwierigen Lebenssituation helfen.

Methodik:

Fallbericht: Die P befindet sich in der schwierigen, angstbesetzten Situation, sich für oder gegen ein Tracheostoma zu entscheiden. Es beginnt ein komplexer kunsttherapeutischer Prozess: Da die P nicht mehr selbst malen kann, übernimmt dies die Kunsttherapeutin nach genauen Angaben der P. Diese Methode des Bilddiktates stellt eine spezielle Dialogform auf der Bildebene dar und ermöglicht der P, die eigene Situation malend zu reflektieren und in Bildern sichtbar werden zu lassen. Die Angst der P zu ersticken, verbunden mit der Abhängigkeit vom Pflegepersonal, lässt sie innerlich erstarren und wird in Bildprozessen thematisiert. Anhand des Gedichtes von Hilde Domin „Nur eine Rose als Stütze“, welches die P in den Prozess einbringt, kann sie die eigene Situation fühlen und reflektieren. Nach dieser Malsequenz schreibt sie: „Letztes Mal war besonders wichtig. Weil ich erkannt habe, dass es das „Bett in den Bäumen“ ist, das ich hier vermisse. Ich war richtig aufgewühlt und aufgeregt. Weil ich so unselbstständig bin und mich bescheiden muss, habe ich mich selbst verkrochen“. Durch das Malen habe sie sich wieder „erfühlt“. „Ein Gefühl des Glücks, wie wenn ich etwas Verlorenes wiedergefunden hätte. Die Rose hält das Gleichgewicht.“ Emotionales Gleichgewicht, das die Patientin durch die kunsttherapeutische Begleitung wieder erlebt, indem sie ihre innerliche Erstarrung durch den Malprozess erkennt und auflöst. Die Patientin entschied sich gegen ein Tracheostoma und verstarb kurze Zeit später. Förderung Verein zur Begl. u. Betr. von Schwerstkranken u. Tumorpatienten e.V. Bildnachweis: Schmitz, E.