Zeitschrift für Palliativmedizin 2016; 17(05): 1-59
DOI: 10.1055/s-0036-1594092
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Vicarious Grief – indirekte Trauer: Konzept und Systematik von Belastungen durch das berufliche Miterleben von Sterben, Tod und Trauer in der stationären Altenhilfe

M Wissert
1   Hochschule Ravensburg-Weingarten, Fakultät Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege, Weingarten, Deutschland
,
A Vogt
2   Institut für Angewandte Forschung, Weingarten, Deutschland
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
13 December 2016 (online)

 

Fragestellung:

Mitarbeiter der stationären Altenpflege werden immer wieder durch das Sterben von Bewohnern emotional berührt und mit eigenem Trauererleben konfrontiert. Die beruflich emotionale Nähe zu den Bewohnern und deren Angehörigen birgt als Folge von miterlebter und eigener Trauer die Gefahr einer hohen inneren Belastung. Es ist aber auch eine berufliche Bereicherung und persönlichen Entwicklung dadurch möglich. Das vom BMBF finanzierte Projekt „Wirkungen von Trauerbegleitung“ befasste sich u.a. mit der Entwicklung eines Konzepts und einer Systematik für Vicarious Grief (VG) sowie einer exemplarischen Erhebung möglicher Wirkungen von VG in der stationären Altenhilfe.

Methodik:

Modellierung einer Systematik zu Wirkfaktoren bei VG in der stationären Altenhilfe. Entwicklung eines standardisierten Fragebogens für die Erhebung von Belastungen und Bereicherungen durch VG. Erhebung bei einem Träger der stationären Altenhilfe an zwei Zeitpunkten: t1: N = 259; t2: N = 463 Fragebögen. Auswertung mittels SPSS: deskriptiv sowie ein- und zweifaktorielle Varianzanalyse.

Ergebnisse:

Die entwickelte Systematik kann den Stellenwert von VG für die stationäre Altenhilfe plausibel darstellen. Die für die Statements des Fragenbogens verwendeten Indikatoren haben sich für die Abbildung von VG als praktikabel erwiesen. Es gibt statistisch signifikante Unterschiede der allgemeinen Belastungen durch VG (Beruf; Geschlecht) und bei unterschiedlichen Rahmenbedingungen (Zeitbudget; Hands-On- vs. Non-Hand-On-Funktion) Es gibt zwischen t1 und t2 statistisch signifikante Veränderungen.

Schlussfolgerungen:

Im Rahmen von geeigneten gesundheitsfördernden Strategien bei Trägern der stationären Altenhilfe kann der Umgang mit Wirkungen von VG in den Teams verbessert und das Maß der Belastung erheblich reduziert werden. Die entwickelte Systematik sollte in weiteren Studien verfeinert und die Befunde sollten mit einer breiteren empirischen Basis bundesweit überprüft werden.