Zeitschrift für Palliativmedizin 2016; 17(05): 1-59
DOI: 10.1055/s-0036-1594136
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Das Potential der familienbiographischen Genogrammanalyse

B Hickey
1   Praxis für Systemische Medizin und – Familientherapie, Münster, Deutschland
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Publication Date:
13 December 2016 (online)

 

Die Erstellung des Genogramms hat als Basisassessment in der Palliativmedizin einen festen Platz. Bietet sie doch die Möglichkeit, einen effizienten Überblick über die Familienverhältnisse, -Themen und -Dynamiken zu bekommen, Belastungen und prägende Ereignisse (Krankheiten, Vertreibung) zu erkennen, wiederkehrende Muster (Trennungen) in der Familie zu verdeutlichen, Ressourcen zu entdecken und einheitliche Informationen in das Behandlerteam zu vermitteln,- um nur einige Vorteile zu nennen. Interessant und weiterführend kann die familienbiographische Analyse des Genogramms sein. Die Erfahrung in der systemischen Medizin und – Familientherapie zeigt, dass es nicht zufällig ist, in welchem Alter, mit welcher Symptomatik und an welchem Platz in seinem Familiensystem ein Patient ein Leiden entwickelt bzw. zur Therapie kommt. Hinweisend sind v.a. die drei familienbiographischen Fragen:

  1. Warum hat der Patient gerade jetzt, in diesem Alter, das Problem?

  2. Warum gerade so, mit dieser Symptomatik?

  3. Warum gerade hier, an diesem Platz im Familiensystem? (nach V.v. Weizsäcker, R. Adamaszek).

Symptome können auf (oft unbewusst) übernommene und belastende Stellvertretungsaufgaben des Patienten in seinem Familiensystem hinweisen. Werden diese z.B. durch die Genogrammanalyse (und ggf. in weiterführenden systemischen Aufstellungen) aufgedeckt und gelöst, können sie zur Entlastung und oft sogar zur Besserung der Symptomatik führen. Durch das Einbetten des Patienten in sein Gesamt-/Familiensystem, an seinem Platz, kommt etwas „in Ordnung“ (häufig auch bei den Angehörigen) und es kann – gerade auch am Lebensende – in Frieden losgelassen werden.