Zeitschrift für Palliativmedizin 2016; 17(05): 1-59
DOI: 10.1055/s-0036-1594153
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Antizipative Entscheidungen für das Lebensende – die Rolle des Geschlechts

R Krieger
1   Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, Technische Universität München, München, Deutschland
,
M Gadebusch Bondio
1   Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, Technische Universität München, München, Deutschland
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Publication Date:
13 December 2016 (online)

 

Angesichts der steigenden Medikalisierung des Lebensendes wird diskutiert, wie Personen sich auf die zu erwartenden Situationen von Krankheit und Pflegebedürftigkeit einstellen und wie sie dafür vorab ihren Willen festlegen können. Die Patientenverfügung (PV) ist eine gesetzlich vorgesehene Möglichkeit, eigene Wünsche im Falle der Einwilligungsunfähigkeit vorab verbindlich festzuhalten. Vorstellungen von Autonomie, Vulnerabilität, Verantwortung und Pflegebedürftigkeit (Care) bilden den komplexen Hintergrund antizipativer Entscheidungen. Wir untersuchen, wie geschlechterspezifische Vorstellungen und Konzepte die Vorsorgeplanung beeinflussen. Die Erkenntnisse erlauben ein tieferes Verständnis über den Umgang mit derartigen Vorkehrungen bei Frauen und Männern. Literaturanalyse des Fachdiskurses in (Palliativ-)Medizin, Medizin- & Pflegeethik + qualitatives Studiendesign: Gruppendiskussionen mit Betroffenen (n = 10) und Experteninterviews (n = 25). Auswertung nach Grounded Theory und Qualitativer Inhaltsanalyse. Das Poster präsentiert erste Ergebnisse des Projekts. Bisherige Studien zeigen, dass Vorkehrungen, die das Ende des Lebens betreffen, mit Konzepten von Autonomie und Abhängigkeit eng verknüpft sind. Letztere werden maßgeblich durch kulturelle und soziobiografische Erfahrungen geprägt. Vorentscheidungen und die Form ihrer Festlegung gründen auf unterschiedlichen Erfahrungen, Wünschen und Ängsten in Bezug auf die Zustände von Pflegebedürftigkeit am Ende des Lebens. Diese sind u.a. geschlechtlich konnotiert. In einem ethisch und kulturell sensiblen Gesundheitssystem gilt es diese Unterschiede zu erkennen, verstehen und respektieren. Bislang spielt geschlechterspezifisches Wissen in der Medizin eine randständige Rolle; für das kommunikative Handeln in der Arzt-Patient-Beziehung ist dieses aber hochrelevant. Um individuellen Bedürfnissen bei der Entscheidungsfindung kompetent gerecht zu werden, sind entsprechende Beratungskonzepte zu entwickeln.