Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(02): 192-200
DOI: 10.1055/s-0036-1597726
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Evaluation der fetalen Todesfälle und Totgeburten der Berliner Geburtskliniken

JW Dudenhausen
1   Klinik für Geburtsmedizin, Charité, Berlin
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Publication Date:
06 March 2017 (online)

 

Eine Totgeburt ist definiert als der Tod eines ungeborenen Kindes vor und während der Geburt. International sind große Differenzen in der Totgeburt. Diese Unterschiede beeinflussen sehr die Rate der Totgeburtlichkeit. In Deutschland wird nach dem Personenstandsgesetz die Totgeburt durch das Geburtsgewicht von 500 g und die fehlenden Lebenszeichen definiert. In der industrialisierten Welt sterben seit den letzten 3 Dekaden etwa 3 – 5 Feten auf 1000 Geburten. Die Zahl der Totgeburten hat sich nicht wesentlich verändert. Aus der internationalen Diskussion wurde die Idee geboren, die Daten der Totgeborenen in Berlin zusammenzufassen, vor allem mit dem Ziel, Präventionsstrategien zu entwickeln. Der Autor hat daher der Gesellschaft für Geburtshilfe und Gynäkologie in Berlin den Vorschlag gemacht, eine Studie über die Totgeburten in Kliniken für die Jahre 2013 und 2014 durchzuführen. Mithilfe der 19 geburtshilflichen Kliniken in Berlin, die die anonymisierten Daten der Totgeburten anhand eines Fragebogens zur Verfügung stellten, wurden die Untersuchungen vorgenommen. Insgesamt waren 401 Totgeborene, 178 nach Fetozid oder Schwangerschaftsbeendigung und 223 nach ‚natürlicher‘ Totgeburt. Von diesen natürlichen Totgeborenen lagen 21 Autopsie-Befunde vor. Verglichen mit Lebendgeborenen waren bei den Totgeborenen häufiger die intrauterine Mangelentwicklung, das mütterliche Alter oberhalb von 35 Jahren und die rauchenden Schwangeren sowie Mütter aus fremden Ländern. Die Rate der Autopsien, der Plazentahistologien, der pathomorphologischen Befunde (9% aller Spontantotgeborenen) ist sehr niedrig. Die Daten der Totgeborenen waren nicht geeignet, um Aussagen beispielsweise über die sozio-ökonomischen Korrelationen zu erfassen oder in vielen Bereichen präventive Strategien zu entwickeln.

Der Autor schlägt daher die Standardisierung der postmortalen Untersuchungen inklusive Autopsie, Plazenta-Histologie, zytogenetische Untersuchung von Kind und Eltern, die Mikrobiologie von mütterlichem und kindlichem Blut und Haut sowie die Untersuchung mütterlichen Blutes auf Infektionen, feto-materne Transfusion und illegalen Drogen vor. Außerdem rät er dringend zu der Einrichtung eines Totgeborenenregisters, mit dem eine kontinuierliche Datenerhebung bei Totgeborenen möglich ist.