Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(02): 192-200
DOI: 10.1055/s-0036-1597733
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schwere A-Streptokokken-Sepsis nach Frühabort

L Kretzschmar
1   Klinik für Gynäkologie, Charité Campus Virchow-Klinikum, Berlin
,
M Dombrowski
2   Evangelisches Waldkrankenhaus Berlin-Spandau, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe
,
W Henrich
3   Kliniken für Geburtsmedizin, Charité, Campus Virchow-Klinikum u. Campus Mitte, Berlin
,
J Sehouli
1   Klinik für Gynäkologie, Charité Campus Virchow-Klinikum, Berlin
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Publication History

Publication Date:
06 March 2017 (online)

 

Die A-Streptokokken-Sepsis gehört zu den gefürchtetsten systemischen Infektionen im Kindbett. Obwohl A-Streptokokkeninfektionen nur etwa 1,5% der Erreger des Puerpuralfiebers darstellen, sind aufgrund unspezifischer Krankheitsanzeichen und kurzen fulminanten Verläufen mit Letalitätsraten zwischen 50% und 70% (Mason 2012) zu rechnen.

Kasuistik:

Eine 29-jährige Patientin (IIG IP) stellt sich in der 9. SSW mit „Missed Abortion“ in der Klinik vor und wird am folgenden Tag um die Mittagszeit kürettiert. Knapp 36 Stunden später stellt sich die Patientin in deutlich reduziertem Allgemeinzustand mit Unterleibsschmerzen und hohem Fieber in der Rettungsstelle vor. Obwohl die Infektionsparameter nur mäßig erhöht sind (CRP bei 27 mg/dl und Leukozyten von 11,7 103/µl), hat die Patientin fast 41 ° C Fieber. Trotz Infusionstherapie und breit angesetzter Antibiose wird sie rasch kardiopulmonal instabil und muss auf die Intensivstation verlegt werden. Im Laufe der nächsten 48 Stunden entwickelt sich im Rahmen des „Toxic Shock Syndroms“ (Streptococcus pyogenes) ein ausgeprägtes Multi-Organversagen. Die Patientin wird beatmungs- und dialysepflichtig und benötigt hohe Mengen an Noradrenalin. Im Rahmen der disseminierten Hämolyse bilden sich multiple Mikrothromboembolien, die zu neurologischen Ausfällen führen. Nur unter massiver intensivmedizinischer Betreuung gelingt es das Leben der Patientin zu retten. Der Verlauf ist klassisch: 24 – 36 Stunden Inkubationszeit gefolgt von rascher, massiver Verschlechterung ohne primär stark erhöhte Infektionsparameter.

Streptokokken, der Gruppe A und B, kommen unter Schwangeren 20-mal häufiger vor als in der Normalpopulation (Deutscher 2011). Dies gilt auch für die Frühschwangerschaft. Die außerordentlich schweren Verläufe dieser Infektion sollten uns als Behandelnde dazu veranlassen noch häufiger unsere Indikationen zu überprüfen, Risikopatientinnen zu identifizieren und bei Wiedervorstellung die A-Streptokokken-Sepsis als Differentialdiagnose im Hinterkopf zu behalten um ggf. frühzeitig mit einer kalkulierten Antibiose zu beginnen.