Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(02): 192-200
DOI: 10.1055/s-0036-1597737
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mythen und Fakten in der gynäkologischen Onkologie

J Sehouli
1   Klinik für Gynäkologie, Charité Campus Virchow-Klinikum, Berlin
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Publication Date:
06 March 2017 (online)

 

Die gynäkologische Onkologie hat sich auf Basis nationaler und internationaler Studien bezüglich des Wissens, aber auch der Prognose von Patientinnen mit gynäkologischen Malignomen in den letzten Jahren erheblich verbessert. Sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie und Nachsorge wurden Fortschritte erzielt. Dennoch wird nicht jede Innovation auch in die Therapiestandards umgesetzt. Dies ist wissenschaftlich bisher nur ungenügend bearbeitet worden. Sowohl aus ärztlicher als auch Patientensicht existieren verschiedene Mythen zum Thema gynäkologische Onkologie. In der Zusammenstellung der Präsentation wurde dies am Beispiel verschiedener gynäkologischer Malignome wie das Ovarialkarzinom demonstriert. So ist beispielsweise ein häufig zitierter Mythos, dass die Tumorbiologie wichtiger als die Operation an sich ist. Verschiedene Untersuchungen konnten aber zeigen, dass der postoperative Tumorrest unabhängiger und stärkster Prognosefaktor beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom ist und erst bei makroskopischer Tumorfreiheit additive Einflussfaktoren wie Grading und histologischer Subtyp Einfluss auf das progressionsfreie und Gesamtüberleben haben. Ein weiterer häufig zitierter Mythos im klinischen Alltag ist, dass Chemotherapien nur einmal wirken können und eine erneute Behandlung bezüglich Wirksamkeit zur Tumorkontrolle sinnlos ist. Aufgrund der verbesserten Supportivtherapien und der Entwicklung nicht kreuzresistenter Substanzen erfahren Patientinnen mit Ovarialkarzinomrezidiv immer wieder medikamentöse Krebsbehandlungen zur Tumorkontrolle, die auch in verschiedenen nationalen und internationalen Studien einen Einfluss auf das progressionsfreie und Gesamtüberleben haben. Hier spielen insbesondere die neuen zielgerichteten Therapien eine besondere Rolle, wie Bevacizumab und Olaparib. In einer Metaanalyse mit über 3000 Patienten konnte zudem gezeigt werden, dass Haarausfall kein Prediktor für ein Nichtansprechen auf Chemotherapie ist. Hier konnte im Rahmen dieser Metaanalyse die Koinzidenz von Haarausfall bei der Chemotherapie mit Paclitaxel und Carboplatin analysiert werden und es zeigte sich kein Einfluss auf das Gesamtüberleben. Um die Compliance von Patientinnen weiter zu erhöhen, sind Mythen auch wissenschaftlich aufzuarbeiten. Fehlinformationen von Ärzten sollte durch kontinuierliche Fort- und Weiterbildungen begegnet werden.