Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(04): 406-429
DOI: 10.1055/s-0037-1601540
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Akutes peripartales feto-fetales Transfusionssyndrom – ein Fallbericht

A Radusch
1   Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara Halle/Saale, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
,
S Seeger
1   Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara Halle/Saale, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
06 April 2017 (online)

 

Das akute peripartale feto-fetale Transfusionssyndrom ist ein seltenes Ereignis mit einer Inzidenz von 1,8 – 5,5%. (Gratacos 2012). Es fällt postpartal durch sehr unterschiedliche Hämoglobinlevel auf und ist gekennzeichnet durch eine akute Anämie des Donators und eine Hypervolämie des Akzeptors. Hierbei entstehen durch Uteruskontraktionen oder Lageveränderungen der Feten veränderte Druckverhältnisse, die eine interfetale Bluttransfusion auslösen können (Bektas 2011). Bei einer sehr kurz vor oder während der Geburt auftretenden Transfusion kann durch noch nicht eingesetzte Hämodilution der Hb des Donators jedoch noch im Normalbereich liegen (Galea et al., 1982). Durch das akute Auftreten sind bisher keine Früherkennungsmaßnahmen bekannt.

Es wird der Fall einer 30-jährigen I. Gravida Nullipara mit monochorialer diamnioter Zwillingsschwangerschaft vorgestellt. Im Schwangerschaftsverlauf konnte ein chronisches FFTS ausgeschlossen werden. Mit 37+0 SSW erfolgte die Geburtseinleitung mit Minprostin Vaginalgel bei Schädellage beider Feten. Beim ersten Zwilling trat bei sehr raschem und unauffälligem Geburtsverlauf erstmalig 10 min vor Geburt ein pathologisches CTG auf. Postnatal zeigte sich eine Asphyxia pallida bei reanimationspflichtigem Neugeborenen mit dem Bild eines Volumenmangelschocks und akuter Anämie (Mädchen, 2900 g, APGAR 1/1/3; NapH 7,29; BE -6,4, Hb 9,0 mml/l, 33 min p.n. Hb 3,3 mmol/l). Anschließend wurde rasch der zweite Zwilling geboren (Mädchen, 2810 g, APGAR 9/10/10, NapH: 7,34, BE 2,4 mmol/l; Hb 11,1 mmol/l). Das zuerst geborene Mädchen wurde reanimiert, transfundiert und entsprechend den Richtlinien der GNPI gekühlt.

Es liegt mittlerweile eine Nachbeobachtungszeit der Zwillinge von fast 1,5 Jahren mit guter kindlicher Entwicklung vor. Bisher ist wenig über das akut verlaufende peripartale FFTS und das Outcome der betroffenen Kinder veröffentlicht wurden. Meistens wurde die Anämie erst beim zweiten Zwilling nach komplikationsloser Geburt des ersten Zwillings beschrieben.

Betreuende Geburtshelfer und Neonatologen sollten in solchen Fällen an die akute Verlaufsform des FFTS peripartal denken, da eine frühzeitige postnatale Diagnosestellung und Intervention die fetale Morbidität und Mortalität deutlich senken kann.