Gesundheitswesen 2017; 79(04): 299-374
DOI: 10.1055/s-0037-1602110
5. Mai 2017
Posterausstellung „Umweltmedizin“
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Erfahrung mit dem LAI Leitfaden bei der Bewertung von Bioaerosoleemissionen aus Anlagen

C Herr
1   Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, München
2   Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Klinikum der Universität München, Ludwig-Maximilians-Universität München
,
B Brenner
1   Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, München
,
J Thekoke
3   Verein Deutscher Ingenieure, Düsseldorf
,
S Nehr
3   Verein Deutscher Ingenieure, Düsseldorf
,
G Winkler
4   Bayerisches Landesamt für Umwelt, Augsburg
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Publication History

Publication Date:
02 May 2017 (online)

 

Aktuelle Studien deuten auf gesundheitlich nachteilige Wirkungen bei Anwohnern im Umfeld von Bioaerosol-emittierenden Anlagen hin. Zwischen anlagenspezifischen Immissionen und Erkrankungen von Anwohnern konnten bisher keine kausalen Zusammenhänge eindeutig belegt werden.

Eine umweltmedizinische Bewertung kann derzeit auf Grundlage der Richtlinie VDI 4250 Blatt 1 vorgenommen werden. Nach dem Bewertungsschema dieser Richtlinie ist es aus präventiver Sicht unerwünscht, dass die ortsübliche natürliche Hintergrundkonzentration durch anlagenspezifische Mikroorganismen, die dort natürlicherweise nicht vorkommen, in der Nachbarschaft überschritten wird. Die Richtlinie VDI 4250/3 enthält anlagenbezogene umweltmedizinisch relevante Messparameter und grundlegende Beurteilungswerte. Der LAI-Leitfaden zur Ermittlung und Bewertung von Bioaerosolen, der auf VDI 4250/1 und 4250/3 basiert, wird derzeit in der praktischen Anwendung getestet. Der Leitfaden findet in fast allen Bundesländern (Ausnahmen Niedersachsen und Baden-Württemberg) Anwendung.

Eine vertiefte Prüfung des Einzelfalls erfolgt, wenn die Zusatzbelastung für Partikel 1,2 µg/m3 überschreitet. Laut LAI-Leitfaden können nach derzeitigem Kenntnisstand insbesondere für Geflügelanlagen selbst bei Einhaltung des Irrelevanzkriteriums für Feinstaub i.d.R. noch relevante Belastungen von Bioaerosolen prognostiziert werden. Für die Fälle, dass weitere Bioaerosol-emittierende Anlagen in der Nähe sind, wurde im Allgemeinen weitergehende Prüfung empfohlen. In der Regel wurde als relevanter Leitparameter die Bakterienspezies „Staphylokokken“ herangezogen, wobei hierunter das Vorkommen human-pathogener Arten wie Staphylococcus aureus angenommen wurde. Nach LAI-Leitfaden können schädliche Umwelteinwirkungen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, wenn die Gesamtbelastung (Jahresmittelwert) für die Leitparameter, hier „Staphylokokken“ den Orientierungswert um den Faktor 2 bis 3 überschreiten, jedoch maximal 103 KBE/m3. Im LAI-Leitfaden ist derzeit für „Staphylokokken“ der gleiche Orientierungswert wie für „Staphylococcus aureus“ festgelegt. Die in VDI 4250 Blatt 3 angegebenen Leitparameter sind noch in Diskussion. Auf Basis der Erkenntnisse aus der praktischen Anwendung könnte eine Überarbeitung der 4250/3 nötig werden.