Suchttherapie 2017; 18(S 01): S1-S72
DOI: 10.1055/s-0037-1604527
Symposien
S-06 Das Stigma von Suchtkrankheiten verstehen und überwinden
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Diskriminierung Suchtkranker im Strafvollzug

BS Elger
1   Universität Basel
2   Universität Genf
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Publication Date:
08 August 2017 (online)

 

Einleitung:

Die Behandlung von Suchterkrankungen im Strafvollzug bringt eine Reihe von Herausforderungen mit sich. In den meisten Gefängnissen liegt der Anteil von Personen mit Suchterkrankungen und Missbrauch von Drogen oder Medikamenten bei mindestens einem Drittel aller Insassen. Ca. 80% der Gefangenen konsumieren Tabak und/oder Cannabis. Trotz strenger Kontrollen sind in fast allen Gefängnissen illegale Drogen und Medikamente im Umlauf.

Methodik:

Es wird eine Analyse der rechtlichen, ethischen und lösungsorientierten medizinischen Aspekte anhand von Fallbeispielen durchgeführt.

Ergebnisse und Schlussfolgerung:

Internationales Recht schreibt vor, dass medizinisches Personal und Aufsichtspersonen das Prinzip der Äquivalenz respektieren: Suchtpatienten haben Anrecht auf eine Behandlung ihrer Krankheit, die äquivalent zur Behandlung von Suchterkrankungen außerhalb des Gefängnisses ist. Da Diskriminierung und Stigmatisierung dazu führen können, dass Erkrankungen verheimlicht und/oder unzureichend behandelt werden, birgt ein solches diskriminierendes Verhalten nicht nur Risiken für die Gesundheit der Suchtpatienten, sondern auch zusätzlich public health Risiken durch die Gefährdung von Drittpersonen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn im Gefängnis mit HIV oder Hepatitis infizierte Spritzen getauscht werden oder ein nicht ausreichend behandelter Entzug von abhängig machenden Substanzen zu aggressivem Verhalten gegenüber Mitgefangenen oder Personal führt. In diesem Beitrag werden die Erfahrungen aus 15 Jahren Gefängnismedizin an der Universität Genf vorgestellt, wie die Diskriminierung Suchtkranker im Strafvollzug vermieden oder mindestens so weit als möglich eingeschränkt werden kann.