Suchttherapie 2017; 18(S 01): S1-S72
DOI: 10.1055/s-0037-1604530
Symposien
S-07 „In Sorge, frustriert und irgendwie den Kontakt verloren.“ Zur Situation von Eltern jugendlicher Drogenkonsumenten.
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Multifamilientherapie mit Familien drogenabhängiger Jugendlicher in der suchtmedizinischen Rehabilitationsstation

M Noack
1   LWL-Universitätsklinik Hamm, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Psychotherapie und Psychosomatik
,
D Kaya-Heinlein
1   LWL-Universitätsklinik Hamm, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Psychotherapie und Psychosomatik
,
AK Diers
1   LWL-Universitätsklinik Hamm, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Psychotherapie und Psychosomatik
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Publication Date:
08 August 2017 (online)

 

Einleitung:

Schädigender Suchtmittelkonsum hat immer auch Auswirkungen auf das Zusammenleben in der Familie. Erste Rauscherfahrungen mit legalen und illegalen Substanzen werden im Jugendalter meistens in der Peer-Group unter Ausschluss von Erwachsenen gemacht. Sobald sich Eltern diesbezüglich positionieren, wird der Alkohol- und Drogenkonsum der Kinder Gegenstand von Erziehung und familiärer Absprache zwischen den Generationen. Riskant konsumierende Jugendliche lösen Konflikte darüber häufig durch Entzug elterlicher Steuerungsfähigkeit bzw. intransparenter Beziehungsgestaltung auf mehreren Ebenen, was im Endeffekt zu Misstrauen, Vertrauensverlusten und Kränkungen führt. Familien von Jugendlichen in einer Drogentherapie sind häufig diesen Weg gegangen und stehen jetzt vor einem Neuanfang bzw. einer Neuorientierung ihrer gegenseitigen Beziehungen.

Methodik:

Vorgestellt wird das „Familienseminar“ als ein Baustein der suchtmedizinischen Rehabilitationsbehandlung für Jugendliche und junge Erwachsene (16 – 23 Jahre) in der LWL Universitätsklinik Hamm. Hierbei werden auf der Grundlage der Multifamilientherapie Elemente systemischer Einzel- und Gruppentherapie eingesetzt, um verschiedene Familien, deren Kinder in einer stationären Drogenbehandlung sind, in der Therapie zusammen zu bringen. Im Vortrag wird darüber hinaus das Konzept der suchtmedizinischen Rehabilitation in Kurzform für die Altersgruppe vorgestellt.

Ergebnisse:

Die Multifamilientherapie schafft Möglichkeiten, gleich mehrere Außenperspektiven auf das (Familien-)Thema zu erhalten sowie in einer Atmosphäre von gegenseitiger Anteilnahme Verstehen und Transparenz zu fördern. Scham und Stigmatisierungsängste können reduziert und eine Offenheit für Veränderungen gefördert werden. Eltern melden zurück, sie fühlen sich in die Therapie der jungen PatientInnen vermehrt einbezogen, gleichzeitig ergeben sich für die BehandlerInnen neue diagnostische und therapeutische Blickwinkel im Seminar. Auch die jugendlichen PatientInnen reagieren sehr positiv auf die Mitarbeit der Eltern, was wiederum die gesamte Therapie stabilisieren kann.

Schlussfolgerung:

Die Zusammenarbeit mit der Familie lohnt sich in der Suchttherapie von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, wo es umsetzbar ist, immer. Eltern als engste Angehörige nehmen einen hohen Stellenwert in der eigenen und äußeren Therapiemotivation von jugendlichen SuchtpatientInnen ein. Gleichzeitig benötigt eine Wiederannäherung zur Familie häufig Unterstützung, Mut und neue Perspektiven. Hierbei hat sich das Familienseminar mit Elementen der Multifamilientherapie als integrativer Baustein in einem bestehenden suchtrehabilitativen Therapiekonzept für die betroffenen Familien als sehr hilfreich und entlastend erwiesen.