Suchttherapie 2017; 18(S 01): S1-S72
DOI: 10.1055/s-0037-1604552
Symposien
S-13 Potenziale und Grenzen vernetzter Versorgung älterer Drogenabhängiger
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Netzwerk- und Kooperationsstrukturen in der Versorgung von älteren Drogenabhängigen – Ergebnisse einer sozialen Netzwerkanalyse in drei deutschen Großstädten

U Kuhn
1   Deutsches Institut für Sucht- und Präventionsforschung, KatHO NRW
,
T Hoff
1   Deutsches Institut für Sucht- und Präventionsforschung, KatHO NRW
,
L Hofmann
1   Deutsches Institut für Sucht- und Präventionsforschung, KatHO NRW
,
J Becker
1   Deutsches Institut für Sucht- und Präventionsforschung, KatHO NRW
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. August 2017 (online)

 

Einleitung:

Langjährig opiatabhängige Menschen erreichen heute ein immer höheres Lebensalter, was auf eine verbesserte medizinische Versorgungssituation sowie den Ausbau schadensminimierender Hilfsangebote zurückzuführen ist. Trotz dieser Fortschritte ist die gesundheitliche und soziale Situation durch den langjährigen Missbrauch von illegalen und legalen Drogen z.T. äußert problematisch. Durch die gravierenden physischen, psychischen und sozialen Beeinträchtigungen bedingen sich im Einzelfall oftmals komplexe Problemlagen, denen nur im Rahmen bereichsübergreifender Kooperationen im Versorgungssystem adäquat begegnet werden kann (Bolz et al. 2017). Daher bedarf es einer Verbesserung der Kooperations- und Netzwerkstrukturen zwischen Drogenhilfe, Altenhilfe und Pflege (Bossong 2007). Ziel dieser Studie war es, die sozialräumlichen Vernetzungs- und Kooperationsstrukturen relevanter Hilfe- und Versorgungseinrichtungen für ältere Drogenabhängige in Düsseldorf, Köln und Frankfurt im Rahmen einer sozialen Netzwerkanalyse zu untersuchen.

Methodik:

Mithilfe einer onlinegestützten quantitativen Netzwerkanalyse wurde die Datenerhebung in zwei Erhebungswellen (April 2015-Februar 2016) in allen drei Städten separat durchgeführt. Die Netzwerkakteure wurden dabei zu ihren einrichtungs- und hilfesystemübergreifenden Aktivitäten (u.a. zur Häufigkeit, Art, Anliegen und Qualität der Zusammenarbeit) sowie zum Ausbau von Kooperationsstrukturen befragt. Eine Auswertung der Daten erfolgte mit SPSS24, EXCEL16 und UCINET 6. Eine Visualisierung der Vernetzungsstrukturen der jeweiligen Städte erfolgte mit dem in UCINET enthaltenen Grafikprogramm NETdraw.

Ergebnisse:

Bezogen auf alle drei Städte haben 65 Mitarbeiter an der Onlinebefragung teilgenommen. 27 Fragebögen (41,5%) wurden vollständig ausgefüllt, 38 (58,5%) waren aufgrund eines frühzeitigen Abbruchs der Onlinebefragung unvollständig. Die mittlere Dichte der Netzwerke war in Frankfurt am höchsten (0,4, SD = 0,6, in Düsseldorf: 0,3, SD = 0,8 und in Köln: 0,2, SD = 0,4). Aus den grafischen Visualisierungen wurden die lokalen Kooperationskulturen deutlich. Identifizierte Versorgungslücken fanden sich in den Bereichen Wohnen, Pflege sowie bei Freizeitaktivitäten und tagesstrukturierenden Angeboten.

Schlussfolgerung:

Die soziale Netzwerkanalyse bildet die bestehenden Versorgungsstrukturen sowie regionalen Netzwerkdynamiken für ältere Drogenabhängige in den drei Städten gut ab. Neben Kenntnissen zur Versorgungslandschaft und zu einrichtungs- und sektorenübergreifenden Netzwerktätigkeiten konnten Versorgungsdefizite und -lücken identifiziert werden. Es hat sich gezeigt, dass von den Akteuren eine Verbesserung des Schnittstellenmanagements gewünscht wird, um den komplexen Problemlagen der Zielgruppe gerecht zu werden. Daher sind zukünftig weitere interdisziplinäre Netzwerkaktivitäten sowie Überlegungen zu Gestaltung von Übergängen zwischen den Versorgungsbereichen notwendig.