Suchttherapie 2017; 18(S 01): S1-S72
DOI: 10.1055/s-0037-1604561
Symposien
S-16 Neue Herausforderungen in der Versorgung Suchtkranker
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Neue Herausforderungen für das deutsche Suchthilfesystem durch den demografischen Wandel: Sind die Babyboomer eine spezifische Kohorte?

S Specht
1   IFT Institut für Therapieforschung München
,
B Braun
1   IFT Institut für Therapieforschung München
,
R Thaller
1   IFT Institut für Therapieforschung München
,
J Künzel
1   IFT Institut für Therapieforschung München
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. August 2017 (online)

 

Einleitung:

Im Zuge des demografischen Wandels in den entwickelten westlichen Industriestaaten steigt der Anteil der Bevölkerung in höherem Alter. Davon ausgehend wird erwartet, dass auch der Anteil an älteren Personen mit substanzbezogenen Störungen steigen wird. Vor allem von der älter werdenden Kohorte der Babyboomer wird erwartet, das Suchthilfesystem vor neue Herausforderungen zu stellen. Es handelt sich dabei um eine Kohorte, die Alkohol, Tabak und illegalen Drogen in der Jugend mehr ausgesetzt war als vorherige Kohorten und die einen vergleichsweise hohen Substanzkonsum aufweist (Wang & Andrade 2013). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Babyboomer mit substanzbezogenen Störungen eine abgrenzbare Kohorte bilden und daraus spezifische Behandlungsbedürfnisse und -bedarfe abzuleiten sind. Ziel der Studie ist es, die Babyboomer Kohorte mit der älteren Kohorte (nach Ende des zweiten Weltkrieges Geborene) in einer Behandlungsstichprobe zu vergleichen.

Methodik:

Es werden fallbezogene Betreuungsdaten aus der Berliner Suchthilfestatistik genutzt, die als Monitoringsystem Klienten- und Behandlungsvariablen aus Suchthilfeeinrichtungen erfasst. Dabei werden die Daten jährlich in den Berliner Suchthilfeeinrichtungen in standardisierter Form mit dem Deutschen Kerndatensatz gesammelt. Es werden die Babyboomer Kohorte (Geburtsjahrgänge 1954 bis 1969) im Jahr 2015 (n = 5.847 Fälle) und die vorherige Kohorte (Geburtsjahrgänge 1945 bis 1953) im Jahr 2005 (n = 1.192 Fälle) aus ambulanten Suchthilfeeinrichtungen untersucht. Diese werden mittels Regressionsanalysen in Bezug auf soziodemografische und störungsbezogene Merkmale, z.B. Schulabschluss und durchschnittliche Anzahl an Konsumtagen, als auch das Behandlungssuchverhalten, z.B. Anteil der Erstvorstellungen, verglichen.

Ergebnisse:

Erste Ergebnisse zeigen, dass die Babyboomer einen niedrigeren Anteil an Fällen mit der Hauptdiagnose Alkohol aufweisen als die vorherige Kohorte, jedoch einen höheren Anteil an Fällen mit der Hauptdiagnose Opioide. Weitere Unterschiede zwischen den beiden Kohorten werden präsentiert.

Schlussfolgerung:

Basierend auf der Charakterisierung der Babyboomer werden Handlungsempfehlungen für die weitere Entwicklung und Anpassung des Suchthilfesystems in Übereinstimmung mit den Bedarfen der Babyboomer abgeleitet.