Suchttherapie 2017; 18(S 01): S1-S72
DOI: 10.1055/s-0037-1604563
Symposien
S-16 Neue Herausforderungen in der Versorgung Suchtkranker
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Studie zur Evaluation des bedarfsorientierten, interdisziplinären und systemübergreifenden „Dresdner Versorgungspfades Crystal“

F Haarig
1   Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden
,
M Rüdiger
2   Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
,
J Reichert
2   Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
,
US Zimmermann
3   Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
,
P Wimberger
4   Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
,
K Nitzsche
4   Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
,
J Schmitt
1   Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden
,
J Dinger
2   Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
› Institutsangaben
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. August 2017 (online)

 

Einleitung:

Aufgrund von Menstruationsstörungen sowie eines erhöhten Sexualdrangs kommt es bei Methamphetamin-Konsumentinnen vermehrt zu ungewollten Schwangerschaften (Steinberg et al., 2011). Konsumenten im Kontext der Elternschaft gelten als Risikogruppe (S3-Leitlinie Methamphetamin-bezogene Störungen, 2016), da der Konsum während der Schwangerschaft dem ungeborenen Kind erheblich schadet. Das Neonatale Abstinenzsyndrom (NAS) nach Methamphetamin-Konsum in der Schwangerschaft beinhaltet neurologische (z,B. Hyperexzitabilität, Schläfrigkeit, Krampfanfälle), gastrointestinale (z.B. Trinkschwäche, geringes Trinken, Erbrechen sowie Symptome im autonomen Nervensystem (z.B. Hypotonie, Schwitzen, Hypertonie). Unter anderem empfiehlt die Leitlinie eine interdisziplinäre Betreuung von konsumierenden Schwangeren einerseits zur a) Verhütung von Schädigungen des Kindes durch den Konsum und b) zur Vorbeugung von kindeswohlgefährdenden Risikosituationen in der Kindesversorgung (Aggressionsdurchbrüche, Vernachlässigung).

Methodik:

Evaluation eines auf die Versorgung Methamphetamin konsumierender schwangerer Frauen bezogenen bedarfsorientierten, interdisziplinären und systemübergreifenden Pfades (Verzahnung stationärer, ambulanter und kommunaler Versorgungseinrichtungen), der seit Ende 2015 in der klinischen Routinetätigkeit des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden implementiert ist und angewandt wird. Es soll u.a. seitens a) der Betroffenen Halte- und Erreichungsquote, Aspekte des Kindeswohls, Inanspruchnahme von Nachsorgemaßnahmen sowie b) anderer Pfadbeteiligter (Jugendamt, Beratungsstellen, Frühe Hilfen) Vor- und Nachteile der integrierten Versorgung, Schwierigkeiten und nötige Voraussetzungen erhoben werden.

Ergebnisse:

Insgesamt wurden 2015 36 Patientinnen nach der Geburt interdisziplinär behandelt. 66% davon wiesen Behandlungserfolg auf (Annahme des Behandlungsangebots, Konsumreduktion, Förderung der Mutter-Kind-Bindung). Die Entlassung ins häusliche Umfeld erfolgte in 53% der Fälle. Vorteile sehen Beteiligte des Pfades in der kontinuierlichen Begleitung der Betroffenen und stetigen Informationsvermittlung zwischen den Institutionen.

Schlussfolgerung:

Die Ergebnisse deuten einen positiven Nutzen des Dresdner Crystal-Pfades an. Aufgrund der systemübergreifenden Beschaffenheit bleiben Betroffene länger in der Versorgung, wodurch folglich eine höhere Motivation bezüglich Behandlung und Nachsorge (Frühe Hilfen) ermöglicht wird. Voraussetzungen für eine sektorübergreifende Zusammenarbeit sind Vernetzung (u.a. durch Case Management) und kontinuierlicher Informationsaustausch. Die gefundenen Trends müssen anhand einer größeren Stichprobe überprüft werden.