Suchttherapie 2017; 18(S 01): S1-S72
DOI: 10.1055/s-0037-1604568
Symposien
S-17 Konsummuster und Risikofaktoren bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Suchtrelevantes Verhalten bei Auszubildenden in Mecklenburg-Vorpommern: Eine landesrepräsentative Querschnittserhebung

C Meyer
1   Institut für Sozialmedizin und Prävention, Universitätsmedizin Greifswald
,
S Ulbricht
1   Institut für Sozialmedizin und Prävention, Universitätsmedizin Greifswald
,
J Freyer-Adam
1   Institut für Sozialmedizin und Prävention, Universitätsmedizin Greifswald
,
HJ Rumpf
2   Universität Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
,
S Haug
3   ISGF – Schweizer Institut für Sucht- und Gesundheitsforschung, Universität Zürich
,
U John
1   Institut für Sozialmedizin und Prävention, Universitätsmedizin Greifswald
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
08 August 2017 (online)

 

Einleitung:

Für stoffgebundene und -ungebundene Suchterkrankungen ist ein Bildungsgradient in der Bevölkerung gut belegt. Berufsschulen sind ein günstiges Setting für suchtpräventive Maßnahmen, da hier ein erhöhter Anteil von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit niedrigen allgemeinbildenden Schulabschlüssen erreicht werden kann. Repräsentative Stichproben von Auszubildenden wurden bisher kaum untersucht. Ziel der vorliegenden Studie war die Bestimmung der Prävalenzen von suchtrelevanten Verhaltensweisen bei Auszubildenden und Personen in ausbildungsvorbereitenden Maßnahmen in Mecklenburg-Vorpommern.

Methodik:

Im Schuljahr 2015/2016 wurde eine stratifizierte mehrstufige Zufallsstichprobe von Schülern berufsbildender Schulen gezogen. Als Grundgesamtheit wurden Auszubildende der Lehrjahre eins bis drei aller Berufsschulen (Duales System), Höherer Berufsfachschulen und Produktionsschulen in Mecklenburg-Vorpommern berücksichtigt (N = 24.250). Um hinreichend präzise Schätzungen für Personen in Produktionsschulen und Maßnahmen der Ausbildungsvorbereitung zu ermöglichen, wurde ein disproportionaler Stichprobenansatz realisiert. Die Teilnehmerrate unter den zum Befragungstag anwesenden Schülern betrug 99,6%. Bezogen auf alle registrierten Auszubildenden der Stichprobe nahmen 85,2% teil. Insgesamt wurden 1.083 Schülerinnen und 1.485 Schüler mit einem mittlerer Alter von 19,9 (SD 4,0) Jahre befragt. Problematische Konsummuster wurden über standardisierte und international validierte Erhebungsinstrumente für die Bereiche Tabakrauchen, E-Zigaretten-Konsum, Alkoholkonsum, Cannabiskonsum, Glücksspielen, Internetnutzung, Smartphonenutzung, Computerspielen erfasst.

Ergebnisse:

Hochgerechnet auf die Grundgesamtheit ist von 20.195 Auszubildenden (83,3%; CI-95%: 81,0% – 85,3%) auszugehen, die mindestens für einen der genannten Bereiche ein riskantes Konsummuster zeigen. In den letzten vier Wochen vor der Befragung konsumierten 61,6% Tabak, und bei 62,2% lag ein gesundheitsriskanter Alkoholkonsum vor. In den letzten 6 Monaten vor der Befragung konsumierten 25,5% Cannabis. Die 12-Monats-Prävalenz des problematischen Glücksspielens betrug 10,6%. Problematische Internetnutzung fand sich bei 16,6%, Probleme durch Computerspielen bei 9,6%. Hinweise auf eine Smartphoneabhängigkeit ergaben sich für 16,8% der Auszubildenden. Für alle Konsumbereiche zeigte sich eine erhöhte Prävalenz bei Auszubildenden mit niedrigeren allgemeinbildenden Schulabschlüssen. Bezogen auf Schulart und Berufsbereich zeigt sich eine tendenziell höhere Suchtbelastung bei Auszubildenden in Produktionsschulen, in ausbildungsvorbereitenden Maßnahmen sowie in der Berufsbereichsgruppe „Ernährung und Hauswirtschaft“.

Schlussfolgerung:

Die Ergebnisse belegen für alle Konsumbereiche eine sehr hohe Gefährdung für die Entwicklung suchtassoziierter Störungen. Umfassende Suchtprävention in Berufsschulen und Ausbildungsbetrieben lässt eine erhebliche Verbesserung von Gesundheitschancen erwarten.