Suchttherapie 2017; 18(S 01): S1-S72
DOI: 10.1055/s-0037-1604603
Symposien
S-27 Neue Medien in der Prävention und Behandlung von Suchterkrankungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wie wirken sich die Programmdauer und die Bereitstellung von Echtzeitberatung auf die Wirksamkeit des Internetbasierten Beratungsprogramms für Cannabis-Konsumierende „Quit the Shit“ aus?

B Jonas
1   Delphi Gesellschaft
,
M Goecke
2   Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
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Publication History

Publication Date:
08 August 2017 (online)

 

Einleitung:

Als Teil ihrer Internetgestützten Maßnahmen zur Suchtprävention stellt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) seit 2004 das Online-Beratungsprogramm für Cannabiskonsumierende „Quit the Shit“ bereit. In einer früheren randomisiert-kontrollierten Studie wurde Evidenz für seine Wirksamkeit gesammelt. Verschiedene Überblicksarbeiten zeigen mittlerweile, dass computergestützte Interventionen effektiv zur Reduktion cannabisbezogener Störungen genutzt werden können. Allerdings ist noch wenig darüber bekannt, welchen Einfluss einzelne Strukturmerkmale auf die Effektivität Internetbasierter Interventionen haben. In der Studie sollte daher untersucht werden, wie sich die Programmdauer und die Bereitstellung von chatbasierter Beratung auf die Wirksamkeit des Online-Beratungsprogramms „Quit the Shit“ auswirken.

Methodik:

Randomisiert-kontrollierte Internet-Studie mit 2 × 2-Experimentaldesign (Faktor 1: Programmdauer von 28 Tagen/50 Tagen; Faktor 2: Vorhalten chatbasierter Beratung ja/nein). Entsprechend des Studiendesigns wurden Teilnehmende auf 4 Programmvarianten randomisiert. Online-Nachbefragungen 3, 6 und 12 Monate nach Randomisierung. Primäre Outcomes: Cannabis-Konsumfrequenz und -menge innerhalb der letzten 30 Tage (Timeline-Followback). Sekundäre Outcomes: Cannabis-Abhängigkeit (SDS), Cannabis Craving (CCS-7), Programm-Zufriedenheit (CSQ), Therapeutische Allianz (WAI).

Ergebnisse:

534 Personen wurden in die Studie aufgenommen und nahezu gleichmäßig auf die vier Studienbedingungen randomisiert. Die Teilnahmequoten an den Nachbefragungen lagen nach 3 Monaten bei 47,2%, nach 6 Monaten bei 38,2% und nach 12 Monaten bei 25,3%. Eine höhere Effektivität der längeren Programmdauer zeigt sich in der Konsumfrequenz (p = 0,001; d = 0,30). Signifikante Unterschiede in anderen Outcomes bleiben auf diesem Faktor aus. Das Vorhalten chatbasierter Kommunikation drückt sich in einer höheren Programm-Zufriedenheit (p < 0,001; d = 0,43) und verstärkten therapeutischen Allianz (p = 0,008; d = 0,23) aus. Chatbasierte Kommunikation wirkt sich dagegen nicht signifikant auf cannabisbezogene Outcomes aus. Alle 4 Studiengruppen reduzieren ihren Cannabiskonsum für sich genommen sehr stark (p < 0,001; d≥0,96).

Schlussfolgerung:

Trotz des teils hohen Studien-Dropouts verweisen die Ergebnisse auf den begrenzten Einfluss chatbasierter Beratung und der Programmdauer auf die Wirksamkeit von „Quit the Shit“. Teilnehmende reduzieren ihren Cannabiskonsum weitgehend unabhängig von diesen Faktoren. Da die Bereitstellung von Chatberatung die Akzeptanz des Programms und die Zusammenarbeit von Berater/in und Klient/in signifikant verbessert, ist dieses Strukturmerkmal für „Quit the Shit“ jedoch von besonderer Bedeutung.