Suchttherapie 2017; 18(S 01): S1-S72
DOI: 10.1055/s-0037-1604606
Symposien
S-28 Symposium der Nachwuchsgruppe der DG-Sucht
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Evaluation der kurz- und langfristigen Effekte des stationären qualifizierten Alkoholentzugs

S Brechtel
1   Universitätsklinikum München
,
F Raabe
1   Universitätsklinikum München
,
G Koller
1   Universitätsklinikum München
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
08 August 2017 (online)

 

Einleitung:

Infolge der Trennung der Zuständigkeiten zwischen Krankenkassen und Rentenversicherern kommt es zu erheblichen Wartezeiten nach qualifizierten Alkoholentzugsbehandlungen und anschließenden Entwöhnungstherapien. Rückfälle in diesem Zeitraum reduzieren die Inanspruchnahme von Rehabilitationsbehandlung und erhöhen die Anzahl vermeidbarer, wiederholter Entzugsbehandlungen. Durch diese Versorgungslücke entstehen erhebliche Mehrkosten. Mit der Errichtung einer postakuten Tagesklinik zur unmittelbaren Weiterbehandlung nach Entzugsbehandlung und Vorbereitung auf eine Rehabilitationsbehandlung wurde ein nahtloses „Brückenglied“ an der LMU München geschaffen. Die vorliegende Kohortenstudie evaluiert die kurz- und langfristigen Effekte des neu geschaffenen Suchtprogramms an der LMU München. Ziel unserer Studie ist es, den Einfluss der neu geschaffenen Tagesklinik auf die Behandlungsqualität zu untersuchen.

Methodik:

In unserer klinischen Studie wurden 150 alkoholabhängige Patienten (18 bis 65 Jahre) eingeschlossen, ein strukturiertes Suchtassessment (EuropASI) bei Aufnahme durchgeführt und die stationären Verlaufsdaten (Patientenakte) ausgewertet. In der zweiten Stufe wurde eine katamnestische Untersuchung 6 Monate nach Beendigung der qualifizierten Entzugsbehandlung durchgeführt. Die katamnestische Datenerhebung mittels strukturierter Telefoninterviews beinhaltete u.a. die Erfassung der in Anspruch genommenen Folgetherapien und Rehabilitationsmaßnahmen, die Anbindung an Selbsthilfegruppen, die eingehaltene Abstinenzdauer nach 6 Monaten, die Anzahl der Rückfälle, die gegenwärtige Trinkmenge mittels Alcohol Timeline Followback (TFLB), den Suchtdruck anhand der Mannheimer Craving Scale (MaCS), wie auch die Behandlungszufriedenheit.

Ergebnisse:

Erste Ergebnisse deuten auf höhere Abstinenzraten nach 6 Monaten bei denjenigen Patienten hin, die nach einer qualifizierten stationären Entzugsbehandlung tagesklinisch weiterbehandelt wurden, im Vergleich zu denjenigen Patienten, die poststationär (nicht teilstationär) über einen begrenzten Zeitraum weiterbehandelt wurden.

Schlussfolgerung:

Unsere Ergebnisse liefern Hinweise darauf, dass eine unmittelbare, zeitlich begrenzte, postakute teilstationäre Weiterbehandlung nach stationärer qualifizierter Entzugsbehandlung ein wichtiger und effektiver Baustein in der Suchtbehandlung sein kann. Hierdurch kann die Behandlungsqualität und -dichte langfristig erhöht, die Abstinenzraten effektiv erhöht und vermeidbare erneute Entzugsbehandlungen reduziert werden.