Suchttherapie 2017; 18(S 01): S1-S72
DOI: 10.1055/s-0037-1604611
Symposien
S-29 Alkoholstörungen: Forschung und Praxis
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„Rubik's Cube“: Differentielle Wirksamkeit der Alkoholismusbehandlung

W Funke
1   Kliniken Wied
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. August 2017 (online)

 

Einleitung:

Wirksamkeits- und Effizienzuntersuchungen sind in der Behandlung alkoholabhängiger Menschen guter Standard. Eingeführt in der medizinischen Rehabilitation in Deutschland sind Nachbefragungen ein Jahr nach Behandlungsende als Vollerhebung aller aufgenommenen Patienten. Die hier erzielten Abstinenzquoten und andere Erfolgsmerkmale (wie z.B. Lebenszufriedenheit oder Maß der sozialen und beruflichen Wiedereingliederung) werden meist geschlechts- und altersdifferenziert angegeben. Weitere differenzierte Analysen nach Schweregrad der Substanzgebrauchsstörung und Selbsteinschätzung der Patienten können dabei unterstützen, die Bewertung der Passung und des differentiellen Erfolgs von Behandlungsansätzen besser einzuschätzen und damit zu optimieren.

Methodik:

In dieser Studie konnten die Daten aus sechs Entlassjahrgängen (2011 – 2016) einer medizinischen Rehabilitationseinrichtung mit einem integrierten stationären Behandlungskonzept einbezogen werden (N = 2687). Für fünf Jahrgänge lagen zum Auswertungszeitpunkt die Daten der katamnestischen Routineuntersuchung vor (n = 1986).Als differentialdiagnostisches Instrument wurde das Trierer Alkoholismusinventar (TAI) zu Beginn der der stationären Reha-Maßnahme durchgeführt, das neben den fünf Skalen zu Schweregrad und Funktionalität des Konsums eine clusteranalytisch begründete Klassifikation in fünf Alkoholabhängigkeitstypen erlaubt. Die differentielle Wirksamkeit der Behandlung wird für diese, auch getrennt nach den Geschlechtern, untersucht.

Ergebnisse:

Sowohl für Männer (n = 1684) als auch für Frauen (n = 587), die sich wegen ihrer Alkoholabhängigkeit einer stationären Reha-Maßnahme unterzogen, ergaben sich differentiell unterschiedliche Erfolgsquoten (gemessen über durchgängige Abstinenz im Katamnesezeitraum von einem Jahr). Insbesondere weibliche Patienten, die zu Beginn der Behandlung wenig Einsicht in kritisches Konsumverhalten und negative Folgeerscheinungen zeigten, wiesen eine deutlich geringere Abstinenzquote auf im Vergleich zu Männern des gleichen Subtyps (42,1% versus 54,8%). Die im Sinne der Abstinenzaufrechterhaltung erfolgreichste Untergruppe waren Männer mit hoher sozialer Konsummotivation (66,4%); auch die Frauen dieses Subtyps erreichten eine hohe Abstinenzstabilität (61,7%).

Schlussfolgerung:

Aus der differenzierten Analyse der Subtypen alkoholabhängiger Patienten anhand von Therapieerfolgsdaten lassen sich wertvolle Hinweise für eine differentielle Therapieplanung und -umsetzung ableiten. Daher sollten Wirksamkeitsuntersuchungen die Klientel auch nach störungsspezifischen Merkmalen differenzieren.