Suchttherapie 2017; 18(S 01): S1-S72
DOI: 10.1055/s-0037-1604645
Symposien
S-37 Patientenzentrierte Suchthilfe: Erfolgsmessung und mögliche Interventionen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Opiatsubstituierten: Ergebnisse der bundesweiten ECHO-Studie

B Schulte
1   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg (ZIS)
,
L Strada
1   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg (ZIS)
,
C Schmidt
1   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg (ZIS)
,
J Reimer
1   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg (ZIS)
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Publication History

Publication Date:
08 August 2017 (online)

 

Einleitung:

Die aktuelle ECHO-Studie (Epidemiologie der Hepatitis-C-Virus Infektion bei Opioidsubstituierten) ermöglicht anhand einer bundesweiten Stichprobe von Substitutionseinrichtungen, die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Patienten in der Opioidsubstitution (OST) zu beschreiben.

Methodik:

Analyse von Daten zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität (SF-12), Soziodemografie, psychischen (BSI-18) und körperlichen Gesundheit (OTI-HSS) sowie zur Informations- und Beteiligungspräferenz (API-Dm) von OST-Patienten. Zuordnung und Analyse von klinischen Daten aus der Regelversorgung (OST, Infektiologie, klinischem Gesamteindruck (CGI-S), Funktionsniveau (GAF)). Die Ersetzung von fehlenden SF-12 Werten erfolgte auf Grundlage von Perneger & Burnand (2005).

Ergebnisse:

Von 2176 OST-Patienten (87,9%) lagen ausreichende Daten für eine Auswertung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität vor. Die Patienten waren überwiegend männlich (72,3%), durchschnittlich 41,9 Jahre alt (SD 9,0) und befanden sich im Mittel seit 6,3 Jahren (SD 5,3) in der aktuellen OST. Hinsichtlich der körperlichen (KSK) und psychischen Summenskala (PSK) war die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Patienten gegenüber der deutschen Allgemeinbevölkerung (Normstichprobe 1998, T-Skalen) deutlich reduziert (KSK: 44,6 ± 9,8 vs. 48,2 ± 8,8; PSK: 41,8 ± 11,4 vs. 51,4 ± 8,6). Frauen zeigten stärkere Beeinträchtigungen in der PSK als Männer (40,4 ± 12,0 vs. 42,3 ± 9,1, r = –0,075) und ältere Patienten stärkere Einschränkungen in der KSK (r = –0,293). Eine chronische Hepatitis C Infektion war mit Einbußen in der KSK (r = –0,153) und der PSK (r = –0,094) assoziiert. Beide Summenskalen standen mit der Anzahl patientenberichteter körperlicher Symptome (OTI-HSS) in deutlichem Zusammenhang (KSK: r = –0,483, PSK: r = –0,496), ebenso mit der psychischen Beeinträchtigung laut BSI-18 (KSK: r = –0,406, PSK r = –0,668). Auch mit den ärztlichen Ratingskalen CGI-S (KSK: r = –0,229, PSK: r = –0,397) und GAF (KSK: r = 0,346, PSK: r = 0,366) zeigten sich Übereinstimmungen. Zusammenhänge von Beteiligungs- und Informationspräferenz mit gesundheitsbezogener Lebensqualität bestanden nicht.

Schlussfolgerung:

Die Daten der ECHO-Studie ermöglichen eine erste umfassende und differenzierte Analyse der körperlichen und psychischen Lebensqualität in einer großen bundesweiten Stichprobe von Patienten in OST. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Patienten ist aufgrund der Suchterkrankung und der Vielzahl von psychischen und somatischen Begleiterkrankungen deutlich reduziert. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität ist als multidimensionales Konstrukt dazu geeignet, die Wahrnehmung der Patienten auf ihre gelebte Gesundheit zu messen und so die OST sowie die Behandlung von Begleiterkrankungen durch spezifische, patientenzentrierte Interventionen zu verbessern. Möglichkeiten und Grenzen der Implementierung von Instrumenten zur Erfassung von patientenzentrierten Ergebnisvariablen im Setting OST werden diskutiert.