Suchttherapie 2017; 18(S 01): S1-S72
DOI: 10.1055/s-0037-1604650
Symposien
S-39 Gaming and Gambling – Neue Entwicklungen und diagnostische Möglichkeiten
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Messinstrumente zur Verlaufsbeurteilung pathologischen PC-/Internet-Gebrauchs

B Sobottka
1   MEDIAN Klinik Schweriner See
,
H Feindel
2   MEDIAN Klinik Münchwies
,
A Meinke
1   MEDIAN Klinik Schweriner See
,
M Vogelgesang
2   MEDIAN Klinik Münchwies
,
T Fischer
1   MEDIAN Klinik Schweriner See
› Institutsangaben
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. August 2017 (online)

 

Einleitung:

Bisher vorliegende Verfahren zur Quantifizierung Pathologischen PC-/Internetgebrauchs (PPC) sind für Verlaufsmessungen stationärer Behandlungen nicht geeignet. Daher wurden zur Evaluierung von Therapieverläufen zwei Selbsteinschätzungsfragebögen mit 4-stufigen Skalen entwickelt. Der VPC (Fragebogen zum Verhalten bei PPC) fragt hier ähnlich wie etablierte Verfahren nach dem Auftreten von Symptomverhalten in der letzten Woche. Der EPC (Fragebogen zum Erleben bei PPC) erhebt hingegen Einstellungen und Erwartungen des Patienten in Bezug auf die Erfüllung von Grundbedürfnissen (vgl. Grawe, 2004) durch den PC-Gebrauch. Dieser Fragebogen ist aufgrund seiner Unabhängigkeit von gezeigtem Symptomverhalten für die Messung von Therapieerfolg im stationären Setting geeignet. Die Verfahren wurden auf ihre Testgüte untersucht und erste Patientennormdaten erhoben.

Methodik:

Patientennormen wurden anhand einer Stichprobe von Patienten der MEDIAN Kliniken Schweriner See und Münchwies (S1, N = 103) erhoben. Itemanalysen und Reliabilitätsanalysen (Cronbachs Alpha, Retestreliabilität) sowie Berechnungen des Reliable Change Index (Jacobsen & Truax, 1991) wurden an den Daten einer gesunden Stichprobe (S2, N = 123) vorgenommen. Zur Validitätsschätzung wurden anhand einer zweiten gesunden Stichprobe (S3, N = 111) im Sinne einer konvergenten Validität die Korrelationen mit einem etablierten Instrument (CIUS, Merkeerk et al., 2009) und im Sinne einer divergenten Validität der Zusammenhang mit einem Maß Sozialer Ängstlichkeit (SASKO, Kolbeck & Maß, 2009) und einer Selbstwertskala (MSWS, Schütz & Sellin, 2006) sowie mit Alter und PC-Nutzungsjahren betrachtet.

Ergebnisse:

Die Itemschwierigkeiten bewegten sich im mittleren bis hohen Bereich. Die interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) lag für beide Verfahren im mittleren Bereich (EPC α= 0,87, VPC α= 0,844). Ebenso lag die Retestreliabilität im mittleren Bereich (EPC r = 0,895 und VPC r = 0,821). Kritische Punktdifferenzen betrugen für den EPC 5,358 und den VPC 5,295. Für beide Verfahren liegt somit die klinisch bedeutsame Differenz bei 6 Punkten. Die VPC- und EPC-Werte weisen erwartungsgemäß einen hohen Zusammenhang zu einem alternativen Maß für PC- und Internetnutzungspathologie auf, einen mittleren zur bekanntermaßen häufig komorbiden sozialen Ängstlichkeit sowie Selbstwertproblemen und keinen Zusammenhang zu Maßen wie Alter und Nutzungsdauer.

Schlussfolgerung:

Mit dem EPC und VPC werden zwei Instrumente zur Quantifizierung des PPC vorgestellt, die praktikabel sind, deren Testgüte in Bezug auf Reliabilität und Validität in einer ersten Untersuchung als zufriedenstellend bewertet werden kann und deren Itemschwierigkeit und Veränderungssensitivität sie zu geeigneten Werkzeugen einer Verlaufsbeurteilung in der stationären Rehabilitationsbehandlung machen. Wünschenswert für die Zukunft wäre eine Erhebung von Normdaten für beide Verfahren an einer großen gesunden Stichprobe.