Zeitschrift für Phytotherapie 2017; 38(S 01): S1-S44
DOI: 10.1055/s-0037-1607117
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pflanzliche Wirkstoffe auch gegen schwere Erkrankungen: Moderne Ansätze zur Leitstruktursuche in der Natur

TJ Schmidt
1   Universität Münster, Institut für Pharmazeutische Biologie und Phytochemie, Münster, Deutschland
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Publication Date:
27 September 2017 (online)

 

Isolierte Wirkstoffe aus Pflanzen haben in der Therapie von Krankheiten eine sehr lange und erfolgreiche Tradition. Auch im Zeitalter rationalen Wirkstoff-Designs und High-throughput-Verfahren zur Wirkstoffsynthese und Testung kommt natürlichen Substanzen eine wichtige Rolle als Leitstrukturen zu. Einer viel zitierten Übersicht zufolge ist sogar die Mehrzahl der in den letzten 35 Jahren zugelassenen neuen Wirkstoffe direkt oder indirekt natürlichen Ursprungs [1].

In dem Vortrag werden einige Beispiele aus aktuellen Forschungsprojekten gezeigt, die in unserer Arbeitsgruppe vor allem auf die Suche nach neuen Wirkstoffen gegen protozoale Infektionskrankheiten und gegen Tumorerkrankungen fokussiert sind. Dabei setzen wir neben der aktivitätsgeleiteten Isolierung zunehmend auch computergestützte Verfahren ein. Dazu zählen einerseits Molecular-Modelling-Verfahren, die z.B. im Rahmen von ligandbasierten Ansätzen den Weg zu neuen potenten antitrypanosomalen [2] und antitumoralen Sesquiterpenlactonen zeigten. Mittels eines strukturbasierten Ansatzes identifizieren wir in Naturstoffdatenbanken neue Hemmstoffe protozoaler Enzyme, die als Startpunkte für die Entwicklung selektiver Wirkstoffe dienen können [3]. Neben solchen Molekülmodell-basierten Methoden setzen wir Rechenverfahren auch ein, um für die Wirkung eines Rohextraktes oder seiner Fraktionen verantwortliche Wirkstoffe bereits vor der eigentlichen Isolierung vorherzusagen. Mittels multivariater Statistikverfahren werden analytische Fingerprints (vor allem LC-MS Daten) aktiver Extrakte/Fraktionen auf Korrelationen mit ihren Aktivitätsdaten untersucht. Dabei erhalten wir Hinweise auf die maßgeblichen aktivitätsrelevanten Komponenten, die dann gezielt isoliert werden können. So konnten zum Beispiel antitrypanosomale Wirkstoffe in Walnuss-Arten [4], in einem Salbei-Extrakt und in verschiedenen Korbblütlern [5] aufgespürt werden.

Danksagung/Widmung:

Die meisten erwähnten Resultate entstanden im Rahmen von Kooperationen innerhalb des Forschungsnetzwerks Naturstoffe gegen vernachlässigte Krankheiten (ResNet NPND, www.resnetnpnd.org).

Literatur:

[1] Newman DJ, Cragg GM. J Nat Prod 2016; 79: 629 – 661

[2] Schmidt TJ et al. Antimicr Agents Chemother 2014; 58: 325 – 332

[3] Herrmann FC et al. Molecules 2015; 20: 16154 – 16169

[4] Ellendorff T et al. Molecules 2015; 20: 10082 – 10094

[5] Nogueira MS et al. Dissertation Universität Münster, 2016. Publ. eingereicht