Zeitschrift für Phytotherapie 2017; 38(S 01): S1-S44
DOI: 10.1055/s-0037-1607140
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Qualität der phytotherapeutischen Praxis in den Niederlanden: Wie kann man das Risiko reduzieren und die Patientensicherheit optimieren?

E Lipperts
1   De NatuurApotheek, Pijnacker, Niederlande
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Publication Date:
27 September 2017 (online)

 

Aus der Erfahrung in der niederländischen NaturApotheke – seit 1982 im Bereich phytotherapeutischer Heilmittel aktiv – lässt sich sagen, dass Phytotherapie sicher und sehr effektiv ist und für sehr viele Indikationen eine gute Alternative neben synthetischen Medikamenten, aber auch an Stelle synthetischer Medikamente sein kann. Die Voraussetzungen für diese sichere und effektive Verwendung der Phytotherapie während der letzten 35 Jahre sind erstens die exzellente Qualität der verwendeten einfachen Kräutergrundstoffe, aus denen alle phytotherapeutischen Heilmittel zubereitet werden, zweitens die intensive Zusammenarbeit mit den phytotherapeutisch arbeitenden Ärzten und Phytotherapeuten, wobei immer zuerst eine Anamnese, Diagnose und Behandlungsstrategie erfolgt und festgelegt wird, bevor Phytotherapie eingesetzt wird, und drittens eine neu entwickelte Methode, mögliche klinisch relevante Wechselwirkungen zwischen synthetischer Medikation und Phytotherapie zu vermeiden. Diese neu entwickelte Methode hat zu einem praktischen Leitfaden für Ärzte und Heilpraktiker, die Phytotherapie verschreiben, sowie für Apotheker, die mit Phytotherapie arbeiten, geführt. Das Ergebnis ist, dass jeder Patient, der chronische synthetische Medikation zusammen mit Phytotherapie verwendet, einen spezifischen Ratschlag bekommt, wie mit möglichen Wechselwirkungen umgegangen werden kann.

Dieser spezifische Ratschlag leitet sich von den Ratschlägen ab, die reguläre Ärzte und Apotheker bei klinisch relevanten Wechselwirkungen zwischen synthetischen Medikamenten geben. Diese Ratschläge werden von der Stichting Health Base kontinuierlich überarbeitet und erscheinen in dem Buch „Commentaren Medicatiebewaking“ (zugänglich über Medicom und Pharmacom), einer der Grundlagen zur Medikationsüberwachung in Hausarzt- und Apotheker-Informationssystemen in den Niederlanden [1].

Weil bei Kräutergrundstoffen die Inhaltsstoffe oft nicht bekannt sind bzw. man nur einige Inhaltsstoffe des Kräutergrundstoffes kennt, ist nur wenig über mögliche klinisch relevante Wechselwirkungen zwischen synthetischen Heilmitteln und Kräutern bekannt. Aus der 35-jährigen Erfahrung der NaturApotheke ist jedoch bekannt, dass Kräuter sehr sicher angewendet werden können. Ernste Zwischenfälle hat es nicht gegeben. Aufgrundlage dieser beiden Argumente sind einige Situationen zu berücksichtigen, in denen eine mögliche klinisch relevante Wechselwirkung zwischen einem Kräuterheilmittel und einem synthetischen Heilmittel auftreten könnte:

Ein Patient verwendet regelmäßig (chronisch) bereits zwei oder mehr synthetische Heilmittel, bei denen schon untereinander eine klinisch relevante Wechselwirkung auftreten kann.

Ein Patient verwendet regelmäßig (chronisch) ein synthetisches Heilmittel mit einer kleinen therapeutischen Bandbreite.

Ein Patient verwendet regelmäßig (chronisch) ein synthetisches Heilmittel mit einer geringen Bioverfügbarkeit.

In diesen drei Fällen kann das Hinzufügen eines Phytotherapeutikums eine klinisch relevante Wechselwirkung verursachen, ohne dass wir die Inhaltsstoffe des entsprechenden Phytotherapeutikums kennen. Diese Kenntnis haben wir sehr oft nicht oder nicht genügend. Bei der Beurteilung einer möglicherweise klinisch relevanten Wechselwirkung zwischen synthetischer Medikation und einem Phytotherapeutikum gehen wir darum nur von der chronischen synthetischen Medikation aus, die ein Patient verwendet, und machen von den Ratschlägen Gebrauch, die für Wechselwirkungen zwischen chronischer synthetischer Medikation entwickelt wurden.

In den zurückliegenden fünf Jahren haben wir auf diese Weise die Methode zu einer sehr praktikablen Beratung verfeinert und ausgearbeitet, die durch einen Arzt oder Apotheker in ein paar Minuten erstellt werden kann. Für den Patienten führen die Ratschläge zu mehr Vertrauen in die Phytotherapie und den phytotherapeutischen Behandler und darüber hinaus sind die Ratschläge für den Patienten leicht durchführbar. In der NaturApotheke werden inzwischen täglich mindestens fünf bis zehn solcher Ratschläge gegeben – jeweils aufgrund der chronischen synthetischen Medikation, die von dem phytotherapeutischen Arzt oder Phytotherapeuten zusammen mit dem phytotherapeutischen Rezept an die Apotheke gegeben werden. In den zurückliegenden Jahren hat dieses Vorgehen zu vielen positiven Reaktionen geführt. In naher Zukunft werden wir mit der Evaluation dieser Methode durch die verordnenden Ärzte bzw. Heilpraktiker und durch die Patienten beginnen.

Literatur:

[1] Commentaren Medicatiebewaking 2016/2017, ISBN 978 – 90 – 74027 – 39 – 7, Stichting Health Base, Houten (NL), www.healthbase.nl