Zeitschrift für Phytotherapie 2017; 38(S 01): S1-S44
DOI: 10.1055/s-0037-1607147
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Klinische Prüfungen mit pflanzlichen Arzneimitteln – was ist aus regulatorischer Sicht zu beachten?

W Knoess
1   Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Bonn, Deutschland
,
B Merz
1   Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Bonn, Deutschland
,
J Wiesner
1   Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Bonn, Deutschland
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Publication Date:
27 September 2017 (online)

 

Die Regelungen der Richtlinien 2001/20/EU (Klinische Prüfungen) und 2005/28/EU (Gute Klinische Praxis) gelten selbstverständlich auch bei klinischen Prüfungen mit pflanzlichen Arzneimitteln. Daher ist es wichtig, die wesentlichen Merkmale von interventionellen und nicht-interventionellen Studien zu berücksichtigen und nicht legale Untersuchungen auszuschließen. Klinische Prüfungen bedürfen grundsätzlich einer Genehmigung durch das BfArM und auch der Zustimmung einer Ethik-Kommission. Gerade bei pflanzlichen Arzneimitteln gibt es aufgrund der Besonderheiten auch einige spezielle Aspekte, die bei der Durchführung zu berücksichtigen sind. Dazu gehören z.B.

Geeignete Maßnahmen zur Verblindung: Eine Verblindung ist oft aufgrund eines typischen Geruchs/Geschmacks erschwert (z.B. ätherische Öle etc.); daher kann der Einsatz von z.B. adäquaten double dummys, adäquaten Studiendesigns mit entsprechend angepassten statistischen Methoden notwendig sein.

Klinische Relevanz der Ergebnisse: Phytotherapeutika sollen häufig zum Behandeln von Beschwerden eingesetzt werden; dazu existieren oftmals keine validierten Symptomenscores und darüber hinaus fehlen häufig Daten, welchen Scoreänderungen eine klinische Relevanz zugeschrieben werden kann; die klinische Relevanz kann u.U. durch geeignete Sekundärzielkriterien gestützt werden.

Berücksichtigung des Placeboeffektes/klare Definition der Zielparameter/ausreichende Patientenzahl: Die Differenz zwischen Placeboeffekt und zu erwartendem Effekt von Phytotherapeutika ist teils eher gering ausgeprägt; daher müssen geeignete primäre Zielkriterien und die Größe der Studienpopulationen sorgfältig gewählt werden; eine Proof of concept-Studie ist häufig sinnvoll und kann letztendlich Kosten sparen.

Pharmakologische Daten: Da es sich bei Phytotherapeutika um Vielstoffgemische handelt, können nur für bestimmte Markersubstanzen Daten erhoben werden; eine Extrapolation auf den Gesamtwirkstoff ist teils problematisch.

Bei klinischen Studien im Umfeld von Arzneimittelzulassung ist eine wissenschaftliche Beratung durch das BfArM eine wichtige Option, um Fehlinvestitionen und Zeitverluste zu vermeiden. Zukünftig ändern sich durch die kommende Verordnung 536/2014/EU zu klinischen Prüfungen von Arzneimitteln die bisherigen Genehmigungsverfahren bei den europäischen Behörden und Ethik-Kommissionen teilweise deutlich. Die Verordnung sieht bei multinationalen klinischen Prüfungen eine gemeinsame Bewertung aller betroffenen Mitgliedstaaten unter Federführung eines berichterstattenden Mitgliedstaats vor. Auch die bisher in Deutschland vollständig getrennten Verfahren bei Ethik-Kommissionen und Bundesoberbehörden werden zukünftig stärker zusammenwachsen. Das bisher papierbasierte Antragsverfahren wird komplett elektronisch durch ein neu zu schaffendes EU-Portal erfolgen, die dabei übermittelten Daten und Informationen unterliegen weitreichenden Transparenzregeln.