Zeitschrift für Phytotherapie 2017; 38(S 01): S1-S44
DOI: 10.1055/s-0037-1607167
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe als Hemmstoffe der humanen Hyal-1 – eine Kombination aus in silico und in vitro Experimenten

I Lengers
1   Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie, PharmaCampus, WWU Münster, Deutschland
,
F Hermann
2   Institut für Pharmazeutische Biologie und Phytochemie, PharmaCampus, WWU Münster, Deutschland
,
Z Orlando
1   Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie, PharmaCampus, WWU Münster, Deutschland
,
MF Melzig
3   Institut für Pharmazie, Freie Universität Berlin, Deutschland
,
A Buschauer
4   Institut für Pharmazie, Universität Regensburg, Deutschland
,
S Haidar
1   Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie, PharmaCampus, WWU Münster, Deutschland
,
A Hensel
2   Institut für Pharmazeutische Biologie und Phytochemie, PharmaCampus, WWU Münster, Deutschland
,
J Jose
1   Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie, PharmaCampus, WWU Münster, Deutschland
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Publication History

Publication Date:
27 September 2017 (online)

 

Die humane Hyaluronidase-1 (Hyal-1) ist eine von 5 funktionalen, menschlichen Hyaluronidasen. Durch Hydrolyse spaltet sie langkettige Hyaluronsäure (> 20 kDa) in kurzkettige Fragmente (< 20 kDa), bis hin zu einem Tetramer. Niedermolekulare Hyaluronsäure fördert inflammatorische sowie angiogene Prozesse [1]. Diese pathophysiologischen Eigenschaften der Hyal-1 machen sie zu einem interessanten, pharmazeutischen Target. Besonders in der Krebstherapie kann die Hemmung der Hyal-1 mit potenten Inhibitoren eine wichtige Rolle einnehmen. Patienten mit Blasen- oder Prostatakrebs zeigten erhöhte Hyal-1 Werte, welche im Zusammenhang mit der Progression der Krebserkrankung stehen [2, 3].

Mithilfe von in silico Pharmakophor-Modeling, Docking-Experimenten und anschließendem in vitro Ganzzellassay sollten Hemmstoffe der Hyal-1 identifiziert werden. Mittels Autodisplay ist es möglich, die humane Hyal-1 rekombinant in einer aktiven Form zu exprimieren. Hierbei wird das Enzym auf der Oberfläche von Escherichia-coli-Zellen präsentiert und steht somit als Target für die Testung von potentiellen Hemmstoffen zur Verfügung. Glycyrrhizinsäure, ein Triterpensaponin aus der Süßholzwurzel (Glycyrrhiza glabra), ist ein bereits bekannter Hemmstoff der Hyal-1 und dient in diesem Testsystem als Referenzinhibitor (IC50: 171 µM). Ausgehend von Glycyrrhizinsäure, konnten weitere Triterpensaponine (Gypsophila-Saponin 2, IC50: 108 µM; SA1641, IC50: 296 µM und SA1657, IC50: 271 µM) aus dem Schleierkraut (Gypsophila paniculata) als Hemmstoff der Hyal-1 identifiziert werden [4]. Potente Inhibitoren der Hyal-1 im submikromolaren Bereich sowie Bindungsmodus der Glycyrrhizinsäure sind bis heute nicht bekannt. Über in silico Experimente sollte sowohl die Bindung der Glycyrrhizinsäure, als auch die Bindung der Triterpensaponine Gypsophila-Saponin 2, SA1641 und SA1657 an das aktive Zentrum der Hyal-1 dargestellt werden. Die Entwicklung eines Pharmakophormodells ermöglicht ein schnelles Screenen von Naturstoffdatenbanken nach potentiellen Bindungspartnern der Hyal-1. Diese können in weiteren Dockingexperimenten und anschließendem in vitro Ganzzellassay getestet werden. Die Kombination aus computergestützten und molekularbiologischen Experimenten ist für die Detektion von Hyal-1-Hemmstoffen ein wirksames Verfahren und kann zur Identifizierung neuer Lead-Strukturen beitragen.

Literatur:

[1] Stern R. Semin Cancer Biol 2008; 18: 275 – 280

[2] Lokeshwar VB et al. J Urol 2000; 163: 348 – 356

[3] Lokeshwar VB et al. Biol Chem 2001; 276: 11922 – 11932

[4] Orlando Z et al. Molecules 2015; 20: 15449 – 15498