Zeitschrift für Phytotherapie 2017; 38(S 01): S1-S44
DOI: 10.1055/s-0037-1607177
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kampo-Medizin in Japan: Stellenwert im Gesundheitswesen und auf dem Arzneimittelmarkt

H Reißenweber-Hewel
1   Praxis für Japanische Medizin, Gräfelfing und Kompetenzzentrum für Komplementärmedizin und Naturheilkunde der Technischen Universität, München, Deutschland
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Publikationsdatum:
27. September 2017 (online)

 

Der Begriff Kampo-Medizin beschreibt die in Japan praktizierte traditionelle ostasiatische Arzneipflanzentherapie. Ursprünglich aus China übernommen, hat sie sich in Japan eigenständig entwickelt. Es kam zu einer pragmatischen Reduktion der Anwendungsrichtlinien und der Zahl der Arzneidrogen. Heute hat Japan beispielgebend gezeigt, dass man Kampo in ein modernes Gesundheitssystem integrieren kann. Standardisierte Kampo-Extraktprodukte sind sowohl als OTC-Präparate für die Selbstmedikation als auch als verschreibungs- und erstattungsfähige „ethical“ Kampo-Präparate zugelassen. Die hohe Akzeptanz der Kampo-Phytotherapeutika in der Bevölkerung spiegelt sich auch in den Marktdaten wider: Der jährliche Umsatz an Kampo-Produkten in Japan betrug 2014 ca. 150 Mrd. Yen (ca. 1,2 Mrd. Euro).

Anwendungsgebiete für die Selbstmedikation sind eher leichtere Gesundheitsstörungen, für die sich eine begrenzte Anzahl von einfachen Rezepturen mit einem klaren symptomatischen Anwendungsprofil bewährt hat: grippale Infekte, Obstipation, Muskelkrämpfe, Magenbeschwerden, Bronchitis, Wechseljahresbeschwerden, Allergien, Erschöpfung, Schlafstörungen [1].

148 traditionelle Rezepturen sind auch als verschreibungsfähige „ethical products“ zugelassen. Mehr als 80% der japanischen Ärzte verschreiben Kampo-Präparate in ihrer Praxis vorwiegend symptomatisch nach modernen westlichen Diagnosen. Daneben gibt es eine begrenzte Zahl echter Kampo-Spezialisten, die eine Zusatzausbildung absolviert haben und im Sinne eines integrativen Ansatzes die traditionelle Diagnostik berücksichtigen und neben der symptomatischen Behandlung auch die Verbesserung der Konstitution des Patienten anstreben. Sie verschreiben eine größere Bandbreite komplexer Rezepturen. Hauptindikationen sind vielfältige chronische und funktionelle Erkrankungen, Allergien, Autoimmunerkrankungen und der Einsatz in der Geriatrie [2].

Literatur:

[1] Moschik EC et al. Evid Based Complement Alternat Med 2012; 2012: 139818

[2] Reißenweber-Hewel H. Pharmakon 2014; 2: 127 – 134