Zusammenfassung
Die idiopathischen Epilepsien sind genetisch determinierte Erkrankungen des Zentralnervensystems,
die durch spezielle EEG-Veränderungen und Anfallstypen charakterisiert sind und nicht
mit strukturellen Hirnläsionen einhergehen. Als Ursache wurden in den vergangenen
Jahren zunehmend Mutationen in Genen identifiziert, die für verschiedene spannungs-
und ligandengesteuerte Ionenkanäle kodieren. Da Ionenkanäle die Grundlage der Erregbarkeit
im Zentralnervensystem bilden, erscheint dies als ein logisches pathophysiologisches
Konzept. Die ersten Epilepsiegene wurden bei den sehr seltenen autosomal-dominant
vererbten Syndromen in großen Familien identifiziert. Mittlerweile wurden aber auch
Mutationen bei den häufigen klassischen idiopathischen generalisierten Epilepsien
(IGE) gefunden, wie der kindlichen Absence-Epilepsie (Pyknolepsie), der juvenilen
myoklonischen Epilepsie (Impulsiv-Petit-Mal) und dem Aufwach-Grand-Mal. Die Mutationen
betreffen essenziell wichtige Ionenkanäle wie den spannungsgesteuerten Natriumkanal
oder den GABAA-Rezeptor, die auch Angriffspunkte für die medikamentöse Behandlung von Epilepsien
sind. Als zentraler Pathomechanismus dieser genetischen Veränderungen kristallisiert
sich zunehmend ein direkter oder indirekter Defekt der GABAergen Hemmung heraus, woraus
sich molekulare Parallelen zur Pathogenese fokaler, läsioneller Epilepsien ergeben.
Zudem werden über solche genetischen Untersuchungen neue Gene entdeckt, mit deren
Hilfe neue Zielstrukturen für die Pharmakotherapie entwickelt werden können. Insgesamt
tragen diese Untersuchungen wesentlich zum Verständnis der Epileptogenese bei und
sollen langfristig helfen, die Therapie zu verbessern.
Summary
Idiopathic epilepsies are genetically determined diseases of the central nervous system
characterized by typical epileptic seizures and EEG abnormalities but not associated
with structural brain lesions. In recent years, an increasing number of epilepsy-causing
mutations were identified in genes encoding different voltage- and ligand-gated ion
channels. This arises as a plausible pathophysiological concept, as ion channels are
the basis for the excitability of neurons. The first epilepsy genes were identified
for rare autosomal dominant syndromes within large pedigrees. Recently, mutations
were also found for the frequent classical forms of idiopathic generalized epilepsies
(IGE), such as childhood absence epilepsy (CAE), juvenile myoclonic epilepsy (JME)
and epilepsy with grand-mal seizures on awakening (EGMA). The mutations affect ion
channels crucial for neuronal function, for example the voltage-gated sodium channel
or the GABAA receptor, which are also major targets for pharmacotherapy. An increasing number
of functional studies points to a central role of GABAergic synaptic inhibition in
the pathophysiology of IGE suggesting molecular parallels to the pathogenesis of focal,
lesional epilepsies. Furthermore, such investigations could serve to discover new
genes suitable as novel targets for pharmacotherapy. Altogether, these investigations
will enhance our knowledge about the understanding of epileptogenesis and should help
to improve anticonvulsive therapy.
Schlüsselwörter
Genetik - Epilepsie - Ionenkanal
Keywords
Genetics - epilepsy - ion channel