Thromb Haemost 1958; 02(05/06): 441-461
DOI: 10.1055/s-0038-1656197
Übersichten — Review — Revues générales
Schattauer GmbH

Methoden zur Kontrolle der Antikoagulantienwirkung

A Loeliger*
1   Medizinischen Universitätsklinik (Direktor: Prof. Dr. J. Mulder) und dem Thrombosedienst, Leiden (Holland)
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Publication Date:
05 June 2018 (online)

Zusammenfassung

1. Für die Beurteilung des therapeutischen Effektes von Coumarinderivaten ist das Resultat der Messung der intravasalen Gerinnbarkeit entscheidend. Die Bestimmung der Gerinnungszeit venösen Vollblutes mittels Thrombelastographie (Hartert) leistet unseres Erachtens die besten Dienste, ist jedoch umständlich. Eine Kontrolle der intravasalen Gerinnbarkeit mit Hilfe des wenig zeitraubenden Heparintoleranztests nach Marbet und Winterstein hat sich ebenfalls als brauchbar erwiesen. Die Veränderung der Heparintoleranzwerte läuft jedoch nicht immer parallel mit der der thrombelastographisch gemessenen Reak-tions- und Gerinnungszeiten. Die Ursache dafür ist uns unbekannt.

2.Wegweisend für die zweckmäßige, d. h. in erster Linie auf die Erreichung und Handhabung einer optimalen Verminderung der intravasalen Gerinnbarkeit eingestellte Dosierung von Coumarinderivaten ist der Verlauf der extravasalen Gerinnbarkeit, da diese auf Veränderungen der Dosis schnell reagiert und außerdem sehr exakt gemessen werden kann. Am einfachsten und im allgemeinen recht sicher wird der Verlauf der extravasalen Gerinnbarkeit mit Hilfe der Originalmethode von Quick erfaßt; spezifisch, d. h. einzig von den unter dem Einfluß von Coumarinderivaten stehenden Gerinnungsfaktoren abhängig, ist O wrens P.-P.-Methode.

3. Das Maß der extravasalen Gerinnbarkeit sagt prinzipiell nichts über die Aktivität der intravasalen Gerinnbarkeit aus.

Vor der Coumarinbehandlung bestehen bei normaler extravasaler Gerinnbarkeit (Prothrombinzeit nach Quick, gemessen mit unserem Menschenhirn-thromboplastin, von 13 ± 1,5 Sek.) eine individuell sehr unterschiedliche intravasale Gerinnbarkeit (thrombelastographische r-Werte zwischen 7 und 14 Min.).

Zu Beginn der Behandlung mit Coumarinderivaten divergieren die Veränderungen der extra- und intravasalen Gerinnbarkeit oft sehr stark, weil Faktor VII (dessen Verminderung auf die intravasale Gerinnbarkeit keinen Einfluß hat) viel ; rascher abnimmt als die anderen unter dem Einfluß von Coumarinderivaten stehenden Gerinnungsfaktoren.

Zu späterem Zeitpunkt, während der Behandlung, ist das Maß der Verminderung der extravasalen Gerinnbarkeit bei therapeutisch optimaler Verminderung der intravasalen Gerinnbarkeit individuell sehr verschieden.

Die Prothrombinzeit (oder P.-P.-Zeit) ist darum niemals als Maß der therapeutischen Wirkung der Coumarinderivate zu betrachten.

4. Bei der Messung der extravasalen Gerinnbarkeit nach Quick und Owren ist neben der genauen Einhaltung der technischen Vorschriften die Art des Thromboplastins entscheidend. Quick gebraucht Kaninchenhirn-thromboplastin, das von DIFCO” in den Handel gebracht wird, Owren Menschenhirnthromboplastin. Wir arbeiten sowohl mit Menschenhirnthrombo-plastin (hergestellt nach dem Verfahren von Quick oder Owren) als auch mit Kaninchenlungenthromboplastin von ROCHE”. Diese Thromboplastin-präparate sind gut faktor-VII-empfindlich.

5. Schlecht faktor-VII-empfindliche Thromboplastine, wie z. B. das Präparat von GEIGY”, ergeben bei der Prothrombinzeitmessung oft gänzlich andere Resultate als die genannten, gut faktor-VII-empfindlichen Thromboplastin-präparate. Ihr Gebrauch begünstigt nicht nur eine hämorrhagische Diathese durch Faktor-VII-Mangel, sondern wird, speziell bei Behandlung mit lang wirksamen Coumarinpräparaten, immer wieder zu unangenehmen, sogenannten unerwartet überschießenden Reaktionen führen, die nur all zu oft als schlechte Eigenschaft des Coumarinderivates interpretiert werden (5).

6. Jede Diskussion über Standardisierung der besten Ausdrucksform für die Werte der extravasalen Gerinnbarkeit (Zeit, Prozent, Index, Ratio) ist sinnlos, solange Thromboplastinpräparate mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften im Handel sind. Mit der Angabe des Wertes erscheint uns die der gefolgten Technik und die der Provenienz des Thromboplastins am wichtigsten.

* Adresse des Authors: Afdeling Inwendige Ziekten Academisch Ziekenhuis, Leiden.


 
  • Literatur

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