Zusammenfassung
1. Für die Beurteilung des therapeutischen Effektes von Coumarinderivaten ist das
Resultat der Messung der intravasalen Gerinnbarkeit entscheidend. Die Bestimmung der
Gerinnungszeit venösen Vollblutes mittels Thrombelastographie (Hartert) leistet unseres
Erachtens die besten Dienste, ist jedoch umständlich. Eine Kontrolle der intravasalen
Gerinnbarkeit mit Hilfe des wenig zeitraubenden Heparintoleranztests nach Marbet und
Winterstein hat sich ebenfalls als brauchbar erwiesen. Die Veränderung der Heparintoleranzwerte
läuft jedoch nicht immer parallel mit der der thrombelastographisch gemessenen Reak-tions-
und Gerinnungszeiten. Die Ursache dafür ist uns unbekannt.
2.Wegweisend für die zweckmäßige, d. h. in erster Linie auf die Erreichung und Handhabung
einer optimalen Verminderung der intravasalen Gerinnbarkeit eingestellte Dosierung
von Coumarinderivaten ist der Verlauf der extravasalen Gerinnbarkeit, da diese auf
Veränderungen der Dosis schnell reagiert und außerdem sehr exakt gemessen werden kann.
Am einfachsten und im allgemeinen recht sicher wird der Verlauf der extravasalen Gerinnbarkeit
mit Hilfe der Originalmethode von Quick erfaßt; spezifisch, d. h. einzig von den unter
dem Einfluß von Coumarinderivaten stehenden Gerinnungsfaktoren abhängig, ist O wrens
P.-P.-Methode.
3. Das Maß der extravasalen Gerinnbarkeit sagt prinzipiell nichts über die Aktivität
der intravasalen Gerinnbarkeit aus.
Vor der Coumarinbehandlung bestehen bei normaler extravasaler Gerinnbarkeit (Prothrombinzeit
nach Quick, gemessen mit unserem Menschenhirn-thromboplastin, von 13 ± 1,5 Sek.) eine
individuell sehr unterschiedliche intravasale Gerinnbarkeit (thrombelastographische
r-Werte zwischen 7 und 14 Min.).
Zu Beginn der Behandlung mit Coumarinderivaten divergieren die Veränderungen der extra-
und intravasalen Gerinnbarkeit oft sehr stark, weil Faktor VII (dessen Verminderung
auf die intravasale Gerinnbarkeit keinen Einfluß hat) viel ; rascher abnimmt als die
anderen unter dem Einfluß von Coumarinderivaten stehenden Gerinnungsfaktoren.
Zu späterem Zeitpunkt, während der Behandlung, ist das Maß der Verminderung der extravasalen
Gerinnbarkeit bei therapeutisch optimaler Verminderung der intravasalen Gerinnbarkeit
individuell sehr verschieden.
Die Prothrombinzeit (oder P.-P.-Zeit) ist darum niemals als Maß der therapeutischen
Wirkung der Coumarinderivate zu betrachten.
4. Bei der Messung der extravasalen Gerinnbarkeit nach Quick und Owren ist neben der
genauen Einhaltung der technischen Vorschriften die Art des Thromboplastins entscheidend.
Quick gebraucht Kaninchenhirn-thromboplastin, das von DIFCO” in den Handel gebracht
wird, Owren Menschenhirnthromboplastin. Wir arbeiten sowohl mit Menschenhirnthrombo-plastin
(hergestellt nach dem Verfahren von Quick oder Owren) als auch mit Kaninchenlungenthromboplastin
von ROCHE”. Diese Thromboplastin-präparate sind gut faktor-VII-empfindlich.
5. Schlecht faktor-VII-empfindliche Thromboplastine, wie z. B. das Präparat von GEIGY”,
ergeben bei der Prothrombinzeitmessung oft gänzlich andere Resultate als die genannten,
gut faktor-VII-empfindlichen Thromboplastin-präparate. Ihr Gebrauch begünstigt nicht
nur eine hämorrhagische Diathese durch Faktor-VII-Mangel, sondern wird, speziell bei
Behandlung mit lang wirksamen Coumarinpräparaten, immer wieder zu unangenehmen, sogenannten
unerwartet überschießenden Reaktionen führen, die nur all zu oft als schlechte Eigenschaft
des Coumarinderivates interpretiert werden (5).
6. Jede Diskussion über Standardisierung der besten Ausdrucksform für die Werte der
extravasalen Gerinnbarkeit (Zeit, Prozent, Index, Ratio) ist sinnlos, solange Thromboplastinpräparate
mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften im Handel sind. Mit der Angabe des Wertes
erscheint uns die der gefolgten Technik und die der Provenienz des Thromboplastins
am wichtigsten.