Rofo 2018; 190(10): 870
DOI: 10.1055/s-0038-1667217
Case Session 1
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Gefäße als Schlüssel zu einer ungewöhnlichen Diagnose

C Hauenstein
1   IfDIR UMR, Kinderradiologie, Rostock, Deutschland
,
S Langner
1   IfDIR UMR, Kinderradiologie, Rostock, Deutschland
,
C Bierwirth
1   IfDIR UMR, Kinderradiologie, Rostock, Deutschland
,
R Lehbrink
2   Kinder- und Jugendklinik UMR, Neuropädiatrie, Rostock, Deutschland
1   IfDIR UMR, Kinderradiologie, Rostock, Deutschland
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Publication History

Publication Date:
10 September 2018 (online)

 

Einführung:

Eine der häufigsten Fragestellungen in der pädiatrischen Neuroradiologie ist die globale Entwicklungsverzögerung sowie die nicht klassifizierbare Epilepsie ohne wegweisende anamnestische Angaben. Ursächliche Läsionen lassen sich jedoch nur in einem geringen Anteil von Patienten nachweisen.

Wir berichten über einen 3-jährigen Jungen, der wegen einer kombinierten Entwicklungsverzögerung mit Muskelhypotonie und fraglichen Krampfanfällen eine MRT-Untersuchung des Kopfes erhielt. Es zeigten sich keinerlei strukturelle Auffälligkeiten des Hirnparenchyms, allerdings ausgeprägte Gefäßveränderungen mit dilatierten und elongiert verlaufenden intrakraniellen Arterien sowie im Bereich der Schädelbasis. Darüber hinaus Nachweis einer ausgeprägten Dilatation der Sinus mit arterialisiertem Fluss-Signal in der TOF als Hinweis für av-Shunts, jedoch kein Nachweis einer V. Galeni-Malformation. In der weiteren Diagnostik mittels Ganzkörper-MR-Angiografie, Duplexsonografie der Extremitätengefäße und konventioneller Angiografie hirnversorgenden Gefäße zeigten sich an beiden Vertebralarterien sowie an den Extremitätenleitarterien analoge Veränderungen. In der klinischen Untersuchung fielen weiterhin eine Cutis laxa, eine myopathische, hypomimische Fazies, etwas schütteres, aschig-dunkelbraunes, nicht-brüchiges Haar sowie schmale Muskelprofile bei generalisierter muskulärer Hypotonie als Ausdruck einer Bindegewebserkrankung auf.

Die nachfolgende genetische Untersuchung bewies das Menkes-Syndrom mit einer hemizygoten Mutation im ATP7A Gen (X-chromosomal rezessiv), die zu einer Störung der Synthese eines Kupfertransportproteins führt. Bei unserem Patienten waren zum Diagnosezeitpunkt allerdings sowohl die Serumkupferspiegel als auch Urinkupfer normwertig.

Fazit:

Entwicklungsverzögerungen können nicht nur durch strukturelle Läsionen sondern auch durch Systemerkrankungen bedingt sein, für die sich in der kraniellen MRT indirekte Hinweiszeichen finden lassen. Die korrekte Diagnose erfordert dann häufig eine ausführliche klinische und genetische Diagnostik.