Psychother Psychosom Med Psychol 2018; 68(08): e36
DOI: 10.1055/s-0038-1667968
SYMPOSIEN
Nonverbale Synchronie im medizinischen Kontext und in der Psychotherapie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nonverbale Synchronie emotionaler Expressionen in gesundheitsrelevanten Interaktionen: Prädiktoren und Zusammenhänge mit der Patientenzufriedenheit

S Worrack
1   Universitätsklinikum Jena, Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie, Jena, Deutschland
,
D Schönherr
1   Universitätsklinikum Jena, Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie, Jena, Deutschland
,
O Guntinas-Lichius
2   Universitätsklinikum Jena, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Jena, Deutschland
,
GF Volk
2   Universitätsklinikum Jena, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Jena, Deutschland
,
B Strauß
1   Universitätsklinikum Jena, Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie, Jena, Deutschland
,
U Altmann
1   Universitätsklinikum Jena, Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie, Jena, Deutschland
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Publication History

Publication Date:
06 August 2018 (online)

 

Einleitung:

Nonverbale Synchronie wie z.B. Imitieren der Mimik oder Spiegeln der Körperhaltung ist mit dem Gelingen der Interaktion im Sinne des Vorherrschens von Wohlbefinden, Einigkeit und Verbundenheit assoziiert. Auch werden Zusammenhänge zwischen der nonverbalen Synchronie in Patient-Therapeut-Interaktionen einerseits und der Empathie des Arztes, der Patientenzufriedenheit und dem Erfolg von Psychotherapien andererseits berichtet. Das BMBF-Projekt „Timing nonverbaler emotionaler Expressionen in gesundheitsrelevanten Interaktionen“ untersuchte deshalb die Rolle von Synchronisationsphänomene in Trainingssituationen bei Patienten mit mimischen Einschränkungen (Fazialisparese = FP) und Gesunden.

Material & Methoden:

Die Stichprobe umfasste 61 Probanden zwischen 18 und 80 Jahren (davon 16 Patienten mit FP), welche ein manualisiertes Training bestehend aus 3 Phasen: (1) Smalltalk, (2) Meditation und (3) Entspannungsübungen (für Schulter, Nacken, Mimik) absolvierten. Auf der Basis von Splittscreenvideos und Computer Vision Verfahren wurden emotionale Expressionen nach Facial Action Coding System und Körperbewegungen automatisch Frame für Frame kodiert. Mit Fragebögen wurden u.a. die aktuelle Stimmung von Trainer als auch Probanden vor und nach dem Training sowie die Zufriedenheit der Probanden mit dem Training erfasst. Mithilfe von Korrelationen und Strukturgleichungsmodellen wurden Prädiktoren für Synchronie und Patientenzufriedenheit ermittelt.

Ergebnisse:

Die Analysen deuten darauf hin, dass FP-Patienten und ältere Teilnehmer seltener lächeln. Das Strukturgleichungsmodell zeigte einen Zusammenhang zwischen mimischer Synchronie und positiver Stimmung nach dem Training. Die mimische Synchronie während der Übungsphasen hingegen, war negativ mit der wahrgenommenen Kompetenz des Trainers verbunden.

Diskussion:

Die nonverbale Synchronie emotionaler Expressionen ist ein für die Beteiligten selbst wahrnehmbarer Indikator der Gesprächsqualität. Sie ist u.a. von Personenmerkmalen (z.B. Alter, Erkrankung) und der Trainingssituation abhängig. In gesundheitsrelevanten Interaktionen spielt sie eine wichtige Rolle für die Zufriedenheit der Patienten mit dem therapeutischen Gespräch.

Schlussfolgerung:

Dem Therapeut sollte bewusst sein, dass mimische Expressionen und damit Mechanismen den Gesprächsablauf nonverbal zu regulieren, bei Patienten mit FP, eingeschränkt sind. Zu erwägen wäre, nonverbale Aspekte der Arzt-Patient-Kommunikation in der Ausbildung stärker zu akzentuieren.