Psychother Psychosom Med Psychol 2018; 68(08): e37
DOI: 10.1055/s-0038-1667970
SYMPOSIEN
Nonverbale Synchronie im medizinischen Kontext und in der Psychotherapie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nonverbale Synchronie von Bewegungen als Prädiktor für einen Therapieabbruch bei Patienten mit Sozialer Phobie

D Schönherr
1   Universitätsklinikum Jena, Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie, Jena, Deutschland
,
J Paulick
2   Universität Trier, Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Trier, Deutschland
,
B Strauß
1   Universitätsklinikum Jena, Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie, Jena, Deutschland
,
B Schwartz
2   Universität Trier, Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Trier, Deutschland
,
AK Deisenhofer
2   Universität Trier, Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Trier, Deutschland
,
J Rubel
2   Universität Trier, Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Trier, Deutschland
,
W Lutz
2   Universität Trier, Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Trier, Deutschland
,
U Stangier
3   Goethe Universität Frankfurt am Main, Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Frankfurt am Main, Deutschland
,
U Altmann
1   Universitätsklinikum Jena, Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie, Jena, Deutschland
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Publication History

Publication Date:
06 August 2018 (online)

 

Einleitung:

Die Soziale Phobie (SAD) zählt mit einer Lebenszeitprävalenz von 12,1% zu den häufigsten psychischen Störungen. Es konnte gezeigt werden, dass kognitive Verhaltenstherapie als auch psychodynamisch orientierte Therapie zu einer Symptomverbesserung führen. Leider bricht noch eine Vielzahl der Patienten die Therapie frühzeitig ab, signifikante Prädiktoren für Risikogruppen scheinen weder demografische, noch klinische Patientenmerkmale zu sein. Da Patienten mit SAD Defizite im interpersonellen Kontakt zeigen, wird die nonverbale Synchronie, die eine proximale Variable für das „in Kontakt sein“ zwischen Patient und Therapeut zu sein scheint, als Prädiktor für ein frühzeitiges Therapieende untersucht. Es wird vermutet, dass eine geringe Synchronie in der Probatorik mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für einen Abbruch zusammenhängt.

Material & Methoden:

Die N = 267 Patienten mit Primär- oder Sekundärdiagnose SAD wurden mit kognitiv-verhaltenstherapeutischer oder psychodynamisch-orientierter Psychotherapie behandelt. Depressivität sowie interpersonelle Probleme wurden zu Beginn und Ende der Therapie erhoben (Beck Depression Inventory, Inventar für interpersonelle Probleme). Für die Bestimmung der nonverbalen Synchronie wurden die Bewegungen erst mittels Motion Energy Analysis automatisch erhoben. Dann wurden die Zeitreihen für die Bestimmung der Synchronie mittels einer gefensterten Kreuzkorrelation benutzt. Mittels einer Cox-Regression gemischter Effekte wurden die initiale Symptomatik, demografische Variablen und die Synchronie als Abbruch-Prädiktoren untersucht.

Ergebnisse:

Die nonverbale Synchronie war als einziger Prädiktor signifikant mit dem Therapieabbruch assoziiert. Die Bewegungssynchronie von Patienten, die abbrachen war in der Probatorik deutlich geringer im Vergleich zu Patienten, die die Therapie regulär beendeten.

Diskussion:

Die nonverbale Synchronie könnte ein Indikator für eine schlechte Patient-Therapeut-Passung sein, mit dem Risikopatienten für einen Therapieabbruch identifiziert werden könnten. Eine besonders geringe nonverbale Synchronie könnte das negative Gefühl der SAD Patienten in sozialen Kontexten bestätigen, sodass sie als Vermeidungsstrategie die Therapie verlassen.

Schlussfolgerung:

Zu erwägen ist, für nonverbale Warnsignale in der Therapeutenausbildung zu sensibilisieren und auf eine schlechte Passung gegebenenfalls mit einer Veränderung des therapeutischen Verhaltens zu reagieren.