Zeitschrift für Palliativmedizin 2018; 19(05): e10
DOI: 10.1055/s-0038-1669237
Vortrag
PS 35 Forschung: 08.09.2018 – 10:30 – 12:00 – Lloyd
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Einstellungen zu ärztlich assistiertem Suizid bei Studierenden der Medizin und der Rechtswissenschaft

A Keller
1   Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Palliativmedizin, Göttingen, Germany
,
M Jansky
1   Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Palliativmedizin, Göttingen, Germany
,
F Nauck
1   Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Palliativmedizin, Göttingen, Germany
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
20 August 2018 (online)

 

Hintergrund:

Ende 2015 wurde in Deutschland geschäftsmäßige Suizidbeihilfe verboten (§217 StGB). Dies führte zu einer Verunsicherung von Gesundheitsversorgern. Ziel der Studie war, die Einstellungen zu und Erfahrungen mit ärztlich assistiertem Suizid (ÄAS) bei Studierenden der Medizin und Jura zu untersuchen.

Methodik:

Medizin- und Jurastudenten wurden online über die rechtliche Bewertung eines Fallbeispiels, Einstellungen zu Sterbewünschen und zur aktuellen rechtlichen Situation (basierend auf der Mitgliederbefragung der DGP) befragt. Die Datenauswertung erfolgt statistisch deskriptiv.

Ergebnisse:

259 ausgefüllte Bögen gingen ein, davon 172 Medizin- (106 weiblich), 87 Jurastudenten (55 weiblich). Die Verschreibung eines tödlichen Medikaments für eine sterbenskranke Patientin durch den Hausarzt sollte im Fallbeispiel ohne und mit Einblendung des §217 StGB auf einer fünfstufigen Skala hinsichtlich der Strafbarkeit eingeschätzt werden. Ohne §217 StGB waren 48,8% der Medizin- und 58,6% der Jurastudenten der Meinung, dass die Handlung auf keinen Fall/eher nicht strafbar wäre. Mit §217 StGB sank dieser Anteil (Medizin: 32,5%; Jura: 34,4%). 48,6% der Medizin- und 48,0% der Jurastudenten stimmen dem Gesetz in der aktuellen Form zu (n = 219). Von den nicht zustimmenden (n = 113), befürworteten 92 legale Sterbehilfevereine. 5,8% der Mediziner lehnten ÄAS grundsätzlich ab, 75,2% könnten sich eine persönliche Beteiligung unter Umständen vorstellen. 14% würden sich nicht persönlich beteiligen, können sich aber Situationen vorstellen, in denen ÄAS vertretbar wäre. 70,4% der Medizinstudenten stimmten dem Verbot des ÄAS in der Musterberufsordnung (MBO) der Bundesärztekammer „eher“ oder „überhaupt nicht“, 12,2% stimmten „voll“ oder „eher zu“.

Schlussfolgerung:

Im Vergleich zu Palliativversorgern haben die Medizin- und Jurastudenten eine liberale Einstellung zum ÄAS. Weniger als die Hälfte befürwortet §217 StGB. Auch das Verbot in der MBO wird durch die Studierenden kritisch gesehen.