Die Psychiatrie 2009; 6(04): 227-232
DOI: 10.1055/s-0038-1669671
Schwerpunkt
Schattauer GmbH

Wird die Aus-, Fort- und Weiterbildung im Fach Psychiatrie und Psychotherapie den spezifischen Besonderheiten psychischer Erkrankungen in den verschiedenen Lebensabschnitten gerecht?

Do medical education, residency training and continuing medical education in psychiatry and psychotherapy do justice to the specific characteristics of mental diseases in different phases of life?
S. Zwernemann
1   Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Freiburg
,
R. Dersch
1   Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Freiburg
,
U. Voderholzer
1   Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Freiburg
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
18. September 2018 (online)

Zusammenfassung

Psychische Erkrankungen weisen altersspezifische Besonderheiten auf. Dies betrifft sowohl die Häufigkeit, das klinische Erscheinungsbild als auch deren Behandelbarkeit. Die Kenntnis dieser Besonderheiten ist für die klinische Praxis sehr bedeutsam. Psychische Erkrankungen und deren Besonderheiten im Kindes- und Jugendalter werden durch den hierfür eigens geschaffenen Facharzt für Kinder- und Jugend-Psychiatrie, -Psychotherapie und Psychosomatik adäquat abgebildet. Für psychische Erkrankungen und deren Besonderheiten im Alter, d.h. für die Gerontopsychiatrie gibt es bislang in Deutschland weder einen eigenen Facharzt noch eine Zusatzbezeichnung. Die altersspezifischen Besonderheiten psychischer Erkrankungen sollten daher verstärkt in der Weiterbildung zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie vermittelt werden. Die Weiterbildung in Geriatrie schließt zwar gerontopsychiatrische Aspekte mit ein, kann jedoch eine differenzierte gerontopsychiatrische Weiterbildung bei weitem nicht abdecken. Zu wenig berücksichtigt sind bisher aber der Langzeitverlauf und die Besonderheiten von Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitätsstörungen oder der hochfunktionale Autismus im Erwachsenenalter. Auch die Besonderheiten spät auftretender Schizophrenien oder früh auftretender Demenzen in Abgrenzung zu affektiven Störungen sind in der Fort- und Weiterbildung kaum berücksichtigt.

Summary

Mental diseases have age-specific aspects. These include incidence, clinical appearance and treatability. Knowledge of these aspects is significant for clinical practice. Mental disorders and their distinctive features in childhood and adolescence are appropriately covered by the specially created profession of child and adolescent psychiatry. In the case of mental diseases and their special features in advanced age, i.e. for gerontopsychiatry, however, there exists neither a separate profession nor a unique qualification. Therefore age-specific features of mental diseases should be embedded more deeply in residency training for psychiatry and psychotherapy. Although the curriculum of the qualification for geriatrics includes gerontopsychiatric aspects, a sophisticated gerontopsychiatric training can’t be achieved within this framework. The long-term course and the specifics of the attention deficit hyperactivity disorder or high-functioning autism in adult age have been insufficiently considered till now. Also, the contrast between the specifics of late-onset schizophrenia or early-onset dementia and affective disorders hardly receives any attention in residency training.