Geburtshilfe Frauenheilkd 2018; 78(10): 263-264
DOI: 10.1055/s-0038-1671562
Poster
Freitag, 02.11.2018
Case-Report IV
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Tetraamelie: Fallbericht und Literaturübersicht

A Schwickert
1   Universitätsmedizin Berlin, corporate member of Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin and Berlin Institute of Health, Klinik für Geburtsmedizin, Berlin, Deutschland
,
C Dame
2   Universitätsmedizin Berlin, corporate member of Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin and Berlin Institute of Health, Klinik für Neonatologie, Berlin, Deutschland
,
S Akanbi
3   Universitätsmedizin Berlin, corporate member of Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin and Berlin Institute of Health, SPZ Abt. Neuropädiatrie/Entwicklungsneurologie/Neonatologie, Berlin, Deutschland
,
W Henrich
1   Universitätsmedizin Berlin, corporate member of Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin and Berlin Institute of Health, Klinik für Geburtsmedizin, Berlin, Deutschland
,
I Schönborn
1   Universitätsmedizin Berlin, corporate member of Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin and Berlin Institute of Health, Klinik für Geburtsmedizin, Berlin, Deutschland
› Institutsangaben
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
20. September 2018 (online)

 

Fall:

Eine 24-jährige Drittgebärende wurde in 22+1SSW aufgrund des Verdachts fetaler Fehlbildungen überwiesen. Es war kein ETS erfolgt, nur eine SSL-Messung. Im erweiterten Basisscreening wurde das Fehlen des Femurs bemerkt. Im Zweittrimesterscreening wurden in unserem Zentrum eine Tetraamelie, eine Retrognathie, ein Stirnödem, eine kaudale Regression und eine fehlende Magenfüllung gesehen.

Material und Methoden:

Die pränatale Sonografie wurde mithilfe eines GE Voluson E8 durchgeführt. Chromosomenanalyse erfolgte nach Amniozentese. Postnatal erfolgten Ultraschalluntersuchungen und Beckenübersichts-Röntgen.

Ergebnisse:

Die Amniozentese ergab einen unauffälligen männlichen Karyotyp. Das Paar wünschte die Maximaltherapie aus Glaubensgründen. Eine postnatale Palliativbetreuung im Falle von Atembeschwerden durch Retrognathie oder der Verzicht auf eine Korrektur-OP im Falle einer Ösophagusatresie wurden nicht gewünscht. In 38+1 SSW kam es zur komplikationslosen Spontangeburt eines Jungen von 2240 g aus Schädellage. In der postnatalen Untersuchung zeigten sich neben der Tetraamelie eine rechtsseitige Skrotalhernie, eine Retrognathie sowie eine Spalte des weichen Gaumens. Die Röntgenaufnahme zeigte ein nur partiell angelegtes Os sacrum und eine Os coccygeum-Agenesie.

Zusammenfassung:

Tetraamelie beschreibt das Fehlen aller Extremitäten aufgrund einer unvollständigen oder nicht stattgefundenen Knospung von Armen und Beinen zwischen 24 und 36 Tagen post conceptionem. Tetraamelie wird als sporadische Fehlbildung betrachtet. In mehr als 50% der Fälle ist sie mit Fehlbildungen wie Lippen-Kiefer-Gaumenspalten, Bauchwanddefekten oder Herzfehlern assoziiert und dann als VACTERL-Assoziation zu bewerten. Sie kann auch nach maternaler Teratogenexposition auftreten. Daneben wird eine Mutation im WNT3-Gen als ursächlich diskutiert. Die Diagnose sollte im ersten Trimester gestellt und im 3D-US dokumentiert werden. Amniozentese und interdisziplinäre Beratung spielen eine große Rolle bei der Betreuung der Eltern.