Geburtshilfe Frauenheilkd 2018; 78(10): 275
DOI: 10.1055/s-0038-1671598
Freie Vorträge
Mittwoch, 31.10.2018
Outcome nach fetaler Therapie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Erfolgreiche pränatale Therapie einer genetisch bedingten Entwicklungsstörung durch Verabreichung eines rekombinanten Proteins ins Fruchtwasser

F Faschingbauer
1   Universitätsfrauenklinik Erlangen, Erlangen, Deutschland
,
S Wohlfart
2   Kinderklinik Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Deutschland
,
P Schneider
3   Biochemisches Department, Universität Lausanne, Lausanne, Schweiz
,
N Kirby
4   Edimer Pharmaceuticals, Cambridge, Vereinigte Staaten von Amerika
,
W Rascher
2   Kinderklinik Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Deutschland
,
M Beckmann
1   Universitätsfrauenklinik Erlangen, Erlangen, Deutschland
,
H Schneider
2   Kinderklinik Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Deutschland
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
20 September 2018 (online)

 

Problemstellung:

Die X-chromosomale hypohidrotische ektodermale Dysplasie (XLHED) ist charakterisiert durch angeborenen Mangel an Zähnen, Haaren und Schweißdrüsen. Ursache sind Mutationen des Gens EDA, welches Ektodysplasin A1 kodiert. Aufgrund der fehlenden Schweißdrüsen kann es zu lebensbedrohlichen Hyperthermie-Episoden kommen.

Patienten und Methode:

Nachdem der Therapieansatz zuvor am XLHED-Maus-, Hunde- und Affenmodell evaluiert worden war, erfolgte der individuelle Heilversuch am Menschen. Bei zwei Gemini-Feten und einem Einling mit XLHED wurden mittels Amniozentese rekombinantes Fc-Ektodysplasin A1 (Fc-EDA) mehrmals (Gemini, SSW 26 und 31) bzw. einmalig (Einling, SSW 26) ins Fruchtwasser appliziert. Die Aufnahme von Fc-EDA in den fetalen Blutkreislauf erfolgte transzytotisch via Fc-Rezeptoren im Darm.

Ergebnisse:

Die pränatale Verabreichung von Fc-EDA gelang jeweils komplikationslos. Zu verschiedenen Zeitpunkten danach entnommene Blutproben der Schwangeren gaben keinen Hinweis auf einen transplazentaren Übertritt des Proteins. Die Entbindung der Zwillinge erfolgte in der 33. SSW bei PROM durch Sectio (Geburtsgewichte 1.705 bzw. 1.615 g); der Einling kam in der 39. SSW mit 3.460 g Geburtsgewicht zur Welt. Konfokale Laser-Scanning-Mikroskopie der Fußsohlen zeigte jeweils eine normale Schweißdrüsenzahl, während die unbehandelten älteren Brüder der Patienten keinerlei Schweißdrüsen aufwiesen. Wiederholte Pilocarpin-Schweißtests im Alter von 5 – 22 Monaten ergaben bei den Zwillingen eine normale, bei dem nur einmalig behandelten Kind eine reduzierte, aber ausreichende Schweißproduktion. Bei allen drei behandelten Kindern waren deutlich mehr Zahnanlagen nachweisbar als bei ihren unbehandelten älteren Brüdern.

Schlussfolgerung:

Pränatale Therapie mit Fc-EDA kann die Korrektur einer bislang unheilbaren erblichen Entwicklungsstörung bewirken. Die hier erstmals dokumentierte Nutzung des neonatalen Fc-Rezeptors käme auch für die Behandlung anderer fetaler Entwicklungsstörungen infrage.