Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2018; 28(05): 304-305
DOI: 10.1055/s-0038-1673265
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Atypische Befundkonstellation in der elektrodiagnostischen Abklärung einer Plexus brachialis Läsion – ein Fallbeispiel

C Gesslbauer
1   Universitätsklinik für Physikalische Medizin, Rehabilitation und Arbeitsmedizin, Medizinische Universität Wien
,
O Schuhfried
1   Universitätsklinik für Physikalische Medizin, Rehabilitation und Arbeitsmedizin, Medizinische Universität Wien
,
R Crevenna
1   Universitätsklinik für Physikalische Medizin, Rehabilitation und Arbeitsmedizin, Medizinische Universität Wien
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Publication History

Publication Date:
11 October 2018 (online)

 

Hintergrund:

Bei Abklärung einer Plexus brachialis-Läsion lassen sich unterschiedliche Läsionsmuster finden. Es können komplexe Schädigungsmuster auftreten, die differentialdiagnostisch – wie in diesem beschriebenen Fall – auf eine seltene Erkrankung hinweisen können.

Methode:

Wir berichten von einem 51-jährigen Mann, der bei Verdacht auf Läsion des Plexus brachialis zur elektrodiagnostischen Abklärung zugewiesen wurde. Der Patient berichtete von einer seit 10 Jahren bestehenden und seither chronisch progredienten, distal betonten Schwäche der linken oberen Extremität, initial auch mit deutlichem Tremor, Faszikulationen und Muskelschmerzen/-krämpfen der gesamten linken oberen Extremität (OE) einhergehend.

Ergebnisse:

Bei der klinischen Untersuchung zeigte sich eine höhergradige, distal betonte Parese der linken OE ohne Sensibilitätsdefizit, aber mit deutlicher Muskelatrophie der gesamten Extremität. In der Elektroneurografie zeigte sich das Bild einer rein motorischen Neuropathie mit motorisch inkompletten Leitungsblöcken des N. radialis links. Die sensible Neurografie aller gemessen Nerven (N. medianus, N. ulnaris, N. radialis) war unauffällig. Deswegen wurde – in Zusammenschau mit der Anamnese und Klinik – eine multifokale motorische Neuropathie (MMN) diagnostiziert.

Schlussfolgerung:

Bei elektrophysiologischem Nachweis einer motorischen Neuropathie mit Leitungsblöcken (typischerweise nicht an Engpassstellen) bei gleichzeitig unauffälliger sensibler Neurografie sollte differentialdiagnostisch auch die seltene MMN in Erwägung gezogen werden. Die Prävalenz wird auf 1 – 2/100.000 geschätzt, Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Der Erkrankungsgipfel liegt meist zwischen dem 30.-50. Lebensjahr. Die exakte (Differential-)Diagnose ist aufgrund unterschiedlicher Prognosen und Therapiemaßnahmen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt wichtig. Bei Verdacht auf eine MMN ist eine weiterführende neurologische Abklärung unbedingt erforderlich.