Geburtshilfe Frauenheilkd 2019; 79(01): 95
DOI: 10.1055/s-0038-1676882
Wissenschaftliche Sitzung am 14.02.2018
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Adipositas und Schwangerschaft

MM Abou-Dakn
1   St. Joseph Krankenhaus Berlin-Tempelhof
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
17. Januar 2019 (online)

 

Die Prävalenz der Adipositas nimmt in den letzten Jahrzehnten weltweit zu. So zeigen auch die Zahlen der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS Welle 2, 2014 – 2017) des Robert-Koch Instituts, dass auch die Übergewichtigkeit bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 3 – 17 Jahren in Deutschland weiter ansteigend sind. Diese Prävalenz beträgt nunmehr für das Übergewicht 15,4% und für die Adipositas 5,9%. Auch die IQTIG Daten aus dem Jahr 2017 weisen mittlerweile eine Prävalenz von 36,63% aller Schwangeren mit einem BMI bei der Erstuntersuchung von über 25 auf. Einen BMI von über 30 fand sich ebenfalls zunehmend bei 14,69%. Die Definitionen der Gewichtsklassen leiten sich weltweit von den Stratifizierungen für kardiale Risiken ab. Eine eigene Einteilung hinsichtlich der BMI-Gruppen bezogen auf die Risiken für die Schwangere, den Geburtsverlauf oder die Kindergesundheit existieren nicht. Lediglich die Gewichtsentwicklung in der Schwangerschaft ist hierbei gut untersucht. Die Empfehlungen der Gewichtszunahme im zweiten und dritten Triminon beziehen sich auf das Ausgangsgewicht und reduzieren sich von einem BMI von unter 18,5 mit 0,5 Kilo Gewichtszunahme pro Woche auf ca. 0,2 kg/Woche bei einem BMI über 25.

Zu den multifaktoriell bedingten Ursachen der allgemeinen Adipositas gelten neben genetischen Ursachen, die erhöhte Zufuhr von zuckerhaltigen Produkten, der Bewegungsmangel, die zunehmende Bewegungsarmut in Kombination mit dem erhöhten Gebrauch von Medien, der Schlafmangel und viele weitere Faktoren.

Die gesundheitlichen Effekte der Übergewichtigkeit auf die Frauen, aber auf die Kinder ist Inhalt diverser Studien. Es finden sich erhöhte Abortraten, eine erhöhte Rate an kongenitalen Fehlbildungen bei schlechterer präpartaler Erkennungsrate. In Abhängigkeit vom BMI kommt es häufiger zur Frühgeburtlichkeit und zur Entwicklung einer IUGR. Insbesondere die kindlichen Beeinträchtigungen hinsichtlich später auftretender Gesundheitsschäden sind seit längerem Forschungsschwerpunkte. Es werden zunehmend die fetale Programmierung unter den besonderen intrauterinen Bedingungen eines erhöhten zucker- und fetthaltigen intrauterinen Milieus erforscht. Hieraus können direkte Folgen für das Neugeborene, wie der postpartalen Hypoglykämie, aber auch später auftretender Beeinträchtigungen des metabolischen Formenkreises abgeleitet werden. Epigenetische Effekte und die Veränderung des mütterlichen und kindlichen Mikrobioms werden hierfür und für die Folgeerscheinungen, wie dem kindlichen Diabetes mell. und kardiale Erkrankungen sowie anderer zunehmender Erkrankungen im Kindesalter verantwortlich gemacht.

Auch die maternalen Erkrankungen, wie der Gestationsdiabetes, die Präeklampsie, das Auftreten von geburtshilflichen Komplikationen sind von dem maternalen BMI abhängig. Frauen mit einer Adipositas werden häufiger eingeleitet, haben eine erhöhte Sectiorate und zeigen eine erhöhte Rate an anästhesiologischen Komplikationen sowie vermehrte Wundheilungsstörungen nach Sectio caesarea.

Einige Studien weisen darauf, dass eine Gewichtsreduktion in der Schwangerschaft keine wesentlichen Effekte auf die mütterliche oder kindliche Gesundheit haben. Entscheidend sind daher gesellschaftliche Anstrengungen die Adipositas möglichst vor dem Eintreten der Schwangerschaft zu reduzieren. An diesen sollten sich auch Frauenärztinnen und -ärzte aktiv beteiligen und bei der Beratung der jüngeren Patientinnen und der Mütter auf eine Gewichtsreduktion hinweisen und Hilfestellungen anbieten.