Geburtshilfe Frauenheilkd 2019; 79(02): 207
DOI: 10.1055/s-0039-1678366
Kurzvorträge 2: Psychosomatische Geburtshilfe, Trauma – Migration – Intervention
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Traumatogene Stressreaktionen nach der Entbindung – die Rolle prä- und peripartaler Risikofaktoren sowie Auswirkungen auf die Mutter-Kind-Beziehung

A Bittner
1   Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik, Universitätsklinikum Dresden
,
J Junge-Hoffmeister
1   Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik, Universitätsklinikum Dresden
,
N-K Schutkowski
1   Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik, Universitätsklinikum Dresden
,
K Weidner
1   Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik, Universitätsklinikum Dresden
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
18. Februar 2019 (online)

 

Einleitung Fast ein Drittel der Frauen erleben die Geburt ihres Kindes als traumatisch. Ca. 3% haben eine postpartale Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), wobei diese oft mit schwerwiegenden Mutter-Kind-Beziehungsstörungen einhergeht und mit einer hohen psychosozialen Belastung für Mutter und Kind assoziiert ist.

Methoden An der prospektiven Fragebogenstudie nahmen 202 Frauen im letzten Schwangerschaftsdrittel teil. 177 Frauen konnten 6 Wochen nach der Geburt erneut befragt werden. Das Vorliegen einer traumatogenen Stressreaktion (TSR) nach der Entbindung wurde anhand der Impact of Event Scale (IES) klassifiziert.

Ergebnisse Bei 34,5% der Frauen konnte nach der Geburt eine TSR festgestellt werden (26% mittelstark, 8,5% stark ausgeprägt). Das Risiko nach der Geburt eine TSR zu entwickeln, stieg mit der pränatalen Ausprägung von präpartaler Ängstlichkeit (OR=1,78; p < 0,001), Geburtsängsten (OR=1,69; p < 0,003), emotionalen Missbrauchs in der Kindheit (OR=1,46; p < 0,017) und bei schwangerschaftsspezifischen Stress (OR=2,10; p < 0,001). Die Geburtsstätte, der Geburtsmodus sowie Schwangerschaftskomplikationen zeigten hingegen keine Zusammenhänge zu TSR. Ein positiveres, subjektives Geburtserleben war mit einem geringeren Risiko für eine TSR verbunden (OR=0,63; p < 0,013). TSR der Mutter waren signifikant mit Störungen in der Mutter-Kind-Beziehung assoziiert (verzögerte Bindung: OR=2,04; p < 0,019).

Schlussfolgerungen Die Ergebnisse zeigen, dass traumatogene Stressreaktionen nach der Geburt häufig auftreten und negative Auswirkungen auf die Mutter-Kind-Beziehung haben. Psychische Beschwerden in der Schwangerschaft sowie negative Kindheitserfahrungen scheinen bei der Entstehung TSR eine wichtige Rolle zu spielen, ebenso wie das subjektive Geburtserleben der Frau.