Osteologie 2019; 28(01): 79-80
DOI: 10.1055/s-0039-1680054
Posterbegehung 6
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ausheilung von rezidivierenden Knochenmarködemen und Insuffizienzfrakturen bei einem HIV Patienten nach Umstellung der antiviralen Therapie

S Radmer
1   Zentrum für Bewegungsheilkunde, Facharztpraxis für Orthopädie, Berlin
,
I Kastirr
2   Westküstenklinikum Heide, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universitäten Kiel, Lübeck und Hamburg, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie/Neuroradiologie, Heide
,
JR Andresen
3   Sigmund Freud Privatuniversität, Medizinische Fakultät, Wien
,
R Andresen
2   Westküstenklinikum Heide, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universitäten Kiel, Lübeck und Hamburg, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie/Neuroradiologie, Heide
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Publication History

Publication Date:
05 March 2019 (online)

 

Einleitung:

Starke Schmerzen, Schwellung und Funktionseinschränkung eines oder mehrer Gelenke ohne traumatisches Ereignis können auf das Vorliegen eines Knochenmarködems hinweisen. Es werden mechanische, metabolische, ischämische sowie reaktiv/degenerative Ursachen diskutiert. Wir berichten über das rezidivierende Auftreten von Knochenmarködemen und Insuffizienzfrakturen der unteren Extremitäten bei einem unter antiviraler Therapie stehenden HIV Patienten, welche nach Therapieumstellung fast vollständig rückläufig waren.

Methode:

Bei einem 64-jährigen HIV Patienten traten im Verlauf von 7 Jahren belastungsabhängige Schmerzen und Schwellungen im Bereich beider Sprunggelenke und Füße auf. Der Patient wurde über mehrere Jahre antiviral mit Atripla® (Efavirenz, Emtricitabin, Tenofovir) behandelt. Im Verlauf wurden sowohl konventionelle Röntgenbilder als auch MRT Untersuchungen der jeweils betroffenen Region durchgeführt. Ein Vitamin D Mangel, endokrinologische Erkrankungen sowie eine verminderte Knochendichte wurden mittels Laboruntersuchungen und DEXA Messungen ausgeschlossen. Therapeutisch wurden die betroffenen Gelenke unter zwischenzeitlicher Entlastung mobilisiert, unterstützend kamen analgetisch/antiphlogistische Medikamente, eine Therapieversuch mit Bisphosphonaten (Alendronsäure 70 mg/Woche für 6 Monate) sowie Krankengymnastik und Lymphdrainagen zum Einsatz. Infolge einer sich entwickelnden Niereninsuffizienz (Stadium 3) wurde die antivirale Therapie auf eine Kombination von Prezista® (Darunavir) und Norvir® (Ritanovir) umgestellt.

Ergebnisse:

Im Verlauf traten bei dem Patienten rezidivierende Knochenmarködeme in beiden Füßen auf, wobei verschiedene Fußwurzel- und Mittelfußknochen beteiligt waren, zusätzlich kam es zur multiplen Insuffizienzfrakturen. Eine Off-Label Therapie mit Bisphosphonaten erbrachte keine Besserung der Ödemmanifestation und Schmerzen. Die ansonsten durchgeführten konservativen Maßnahmen zeigten lediglich eine temporäre Linderung der Beschwerdesymptomatik. Erst nach Umstellung der medikamentösen, antiviralen Therapie kam es zur deutlichen klinischen Besserung des Beschwerdebildes mit rückläufigen Schmerzen und Schwellungen. Die klinische Symptomatik korrelierte gut mit den im MRT nachweisbaren regredienten Knochenmarködemen und abheilenden Insuffizienzfrakturen. Die eingeschränkte Nierenfunktion verbesserte sich auf eine kompensierte Retention (Stadium 2). Der Patient war weiter Virenlast frei.

Diskussion:

Bei HIV Patienten mit unklaren Gelenkbeschwerden sollte an das Vorhandensein eines Knochenmarködems gedacht werden, die Ätiologie bleibt weiter ungeklärt. Ursächlich denkbar wäre im vorliegenden Fall eine erhöhte Phosphatausscheidung durch das potentiell nephrotoxische Tenofovir. Bei einer zunehmenden Verschlechterung der Nierenfunktion sollten Medikamente, welche Tenofovir enthalten, durch alternative antivirale Substanzen ersetzt werden.