Aktuelle Ernährungsmedizin 2019; 44(02): 130-131
DOI: 10.1055/s-0039-1684886
1) Ernährung und Verantwortung in der Gesellschaft, Public Health
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Bedeutung von Gender und Diversity – Faktoren für das Ernährungsverhalten in unterschiedlichen Lebensphasen

A Sept
1   Technische Universität München, Gender Studies in Science and Engineering
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
26. April 2019 (online)

 

Einleitung:

Da das Ernährungsverhalten immer in eine individuelle und soziale Dimension eingebettet ist, können Unterschiede im Verzehr und der Vor-, Zu- und Nachbereitung von Speisen nicht nur auf die verschiedenen Altersgruppen und Geschlechter zurückgeführt werden. Für eine gezieltere Ansprache von Zielgruppen für gesunde Ernährung ist es daher wichtig weitere Einflussfaktoren zu identifizieren.

Methode:

Um zu untersuchen, welche Faktoren auf das Ernährungsverhallten in den verschiedenen Lebensphasen wirken, wurden jeweils zwei Fokusgruppendiskussionen mit jungen Erwachsenen, mit Frauen und Männern im mittleren Erwachsenenalter und Senior/innen durchgeführt. Zudem wurden 19 vertiefende biografische Einzelinterviews durchgeführt.

Ergebnisse:

Die Wohnsituation (Ort, Umfeld, allein oder mit Partner/in) führt bei den jungen Erwachsenen mit dem Auszug aus dem Elternhaus und im Alter mit dem Umzug in ein Senior/innenheim oftmals zu einer Veränderung des Ernährungsverhaltens. Sozioökonomischen Faktoren wie Einkommen und Berufstätigkeit stehen im direkten Zusammenhang mit den damit verbundenen Möglichkeiten der Nahrungsbeschaffung und der dafür verfügbaren Zeit. Das Elternhaus, in dem man aufgewachsen ist und die Ernährungsgewohnheiten in der Kindheit bedingen in allen Lebensphasen das Ernährungsverhalten. In diesem Kontext müssen auch gesellschaftliche Rahmenbedingungen in der Kindheit, wie Kriege etc. betrachtet werden. Auch die Verantwortlichkeit für eigene Kinder, die im Haushalt leben, beeinflusst das alltägliche Ernährungsverhalten der Familienmitglieder. Neben Alter und Geschlecht spielen bei der Gestaltung der Ernährung also auch Familiensituation, sozioökonomische Faktoren und die Wohnsituation eine große Rolle1. Nicht nur das Einkaufsverhalten und die Zubereitung, sondern auch der Rahmen, in denen die Mahlzeiten stattfinden, sowie die Wahrnehmung und das Bewusstsein von Ernährung wird von diesen Faktoren maßgeblich beeinflusst2.

Schlussfolgerung:

Projekte und Programme zur Förderung gesunder Ernährung zielen nur auf bestimmte Altersgruppen (z.B. Schulkinder, Rentner/innen) und lassen häufig deren Rahmenbedingungen außer Acht. Möchte man die Ernährungssituation nachhaltig verbessern, ist es daher notwendig, die individuelle Lebenssituation wie die Wohnsituation, die Familienzusammensetzung etc. in die Überlegungen und Konzepte miteinzubeziehen, um sie differenzierter zu gestalten.

Literatur:

[1] Renner, Britta et al. (2012): Why we eat what we eat. The Eating Motivation Survey (TEMS). In: Appetite 59, 1, S. 117 – 128.

[2] Barlösius, Eva (2016): Soziologie des Essens. Eine sozial- und kulturwissenschaftliche Einführung in die Ernährungsforschung. 3., durchgesehene Auflage. Grundlagentexte Soziologie. Weinheim, Basel: Beltz Juventa.