Aktuelle Ernährungsmedizin 2019; 44(02): 146
DOI: 10.1055/s-0039-1684917
9) Klinische Ernährungsmedizin IV: Onkologie, Gastroenterologie, Pneumologie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bedarfsanalyse für ein angepasstes Ernährungsberatungskonzept zur Sekundärprävention bei Brustkrebsüberlebenden

K Rupieper
1   Hochschule Neubrandenburg
,
W Wieckhorst
2   Helios Rehaklinik Schloss Schönhagen
,
R Ramminger
1   Hochschule Neubrandenburg
,
L Valentini
1   Hochschule Neubrandenburg
› Institutsangaben
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
26. April 2019 (online)

 

Hintergrund:

Brustkrebs stellt in Deutschland die häufigste Krebserkrankung bei Frauen dar. Bei Brustkrebsüberlebenden (BCS) werden Ernährungsberatungen laut den S-3-Leitlinien des deutschen Leitlinienprogrammes Onkologie nur zur Unterstützung der Gewichtsreduktion empfohlen. Das Ziel dieser Studie war es daher, den Nutzen einer allgemeinen Ernährungsberatung bei BCS zu erfragen und mittels einer Bedarfsanalyse Hypothesen für ein angepasstes Ernährungsberatungskonzept zur Sekundärprävention zu entwickeln.

Methoden:

Die Untersuchungen wurden im Zeitraum von Juni bis September 2018 durchgeführt. BCS wurden über die Brustkrebs-Selbsthilfegruppe „Aktion Pink“ (n = 30) und im Bekanntenkreis der Erstautorin (n = 11) rekrutiert. Mithilfe eines fragebogengestützten, ca 30-minütigen Interviews wurde quantitative und qualitative Daten zum Ernährungsverhalten, Ernährungsstatus sowie Wünsche und Erfahrungen zu Ernährungsberatungen erhoben (n = 41; Alter: 54,0 ± 8,2 [37 – 68] Jahre; BMI: 25,5 ± 4,1 kg/m2 [18,6 – 38,9]; Abstand zu ERstdiagnose: 5,8 ± 4,3 [0 – 18] Jahre). Die qualitativen Daten wurden mit dem induktiven Kategoriesystem nach Mayring ausgewertet.

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Abb. 1

Ergebnisse:

Knapp 50% der BCS waren übergewichtig (37%, n = 15) oder adipös (12%, n = 5). 85% (n = 35) der BCS erachteten eine Ernährungsberatung bei Brustkrebs als sinnvoll. Wünsche an Ernährungsberatungen sind in Abbildung 1 dargestellt. Ein frühzeitiges Angebot wird als empfehlenswert erachtet (29%, n = 7), um Ernährungsproblemen bereits während der Therapie vorzubeugen. Als wichtige Beratungsinhalte wurde die Vermittlung von gesunden, rezidivvermindernden Lebensmitteln (44%, n = 18), einer zuckerreduzierten Ernährung (37%, n = 15) und die Maßnahmen zur Gewichtsreduktion (27%, n = 11) genannt. 66% (n = 27) der BCS hatten eine Ernährungsberatung erhalten. Allerdings handelte es sich dabei bei 74% (n = 20) um einen Ernährungsvortrag zur gesunden Ernährung oder eine Gruppenschulung und keine individuelle Beratung. Nach der Brustkrebsdiagnose gaben 61% (n = 25) an, ihr Ernährungsverhalten geändert zu haben. Dabei wurden am häufigsten ein erhöhter Konsum an Gemüse und Obst (52%, n = 13) und eine bewusstere Ernährungsweise (48%, n = 12) genannt. Die empfohlenen täglichen fünf Portionen Obst und Gemüse wurden von 85% (n = 35) nicht erreicht. Die regelmäßige Einnahme von Supplementen wurde von 46% (n = 19) bestätigt. Vitamin D3- (53%; n = 10) und Magensium-Präparate (42%; n = 8) waren die am häufigsten genutzten Nahrungsergänzungsmittel.

Schlussfolgerung:

Die Ernährungsberatung ist aus Sicht der BCS ein wichtiger Bestandteil der Therapie und Nachsorge. Zusätzlich zeigt ein Großteil der BCS einen erhöhten BMI und einen verminderten Obst- und Gemüseverzehr und unterliegt dadurch einem erhöhten Rezidivrisiko. Daher sollte zukünftig die Integration von allgemeinen Ernährungsberatungen in die Empfehlungen der Leitlinien erwogen werden, um die Lebensqualität von BCS zu verbessern und die Rezidivreduktion zu unterstützen.