Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 685
DOI: 10.1055/s-0039-1694420
Kongresstag 2: 17.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Medienkonsum und Sprachdefizite bei Vorschulkindern zum Zeitpunkt der Schuleingangsuntersuchung in der Region Hannover

S Bantel
1   Team Sozialpädiatrie und Jugendmedizin, Fachbereich Jugend, Region Hannover, Hannover
,
A Wattjes
2   Team Sozialpädiatrie und Jugendmedizin, Fachbereich Jugend, Regioin Hannover, Hannover
,
A Wünsch
1   Team Sozialpädiatrie und Jugendmedizin, Fachbereich Jugend, Region Hannover, Hannover
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Publication History

Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

Der digitale Medienkonsum gehört mittlerweile zum kindlichen Alltag. Erste Ergebnisse der deutschlandweiten BLIKK-Studie verweisen auf Konzentrations- und Sprachentwicklungsstörungen bei einer hohen Nutzungsdauer elektronischer Medien im Vorschulalter. Im Rahmen der Schuleingangsuntersuchungen der Region Hannover wurde deshalb mithilfe eines Fragebogens zur Mediennutzung untersucht, inwieweit der Medienkonsum bei Vorschulkindern unter Berücksichtigung weiterer Faktoren mit Sprachdefiziten assoziiert ist.

Methodik:

Die Daten der Schuleingangsuntersuchungen des Jahrgangs 2018/19 (n = 10.550) der Region Hannover wurden ausgewertet. Anhand von Elternfragebögen wurden neben soziodemographischen Faktoren, die Medienkonsumdauer des Kindes und die tägliche Vorlesezeit abgefragt. Die Sprachkompetenz des Kindes wurde mittels der Methodik des sozialpädiatrischen Entwicklungsscreenings (SOPESS) erhoben. Neben einer deskriptiven Analyse wurden multivariable logistische Regressionsanalysen adjustiert nach allen einbezogenen Faktoren berechnet.

Ergebnisse:

Die Auswertungen zeigen, dass eine mangelnde Sprachkompetenz des Kindes mit einer täglichen Medienkonsumdauer von mehr als einer Stunde (OR = 1,5; 95%-KI 1,3 – 1,8) sowie einer seltenen Vorlesezeit (OR = 1,6; 95%-KI 1,3 – 1,9) assoziiert ist. Ein geringer elterlicher Bildungsgrad (OR 2,7; 95%-KI 2,3 – 3,1) ist jedoch der stärkste Prädiktor für Sprachdefizite zum Zeitpunkt der Schuleingangsuntersuchung. Die Stratifizierung nach Bildungsgrad und Herkunftsland der Eltern zeigt bei geringem Bildungsgrad und einer nicht-deutschen Herkunft der Eltern eine hohe tägliche Medienkonsumdauer des Kindes. Ein hoher Medienkonsum geht mit einer geringeren Vorlesezeit einher.

Diskussion:

Aufgrund des Querschnittdesigns sind kausale Schlussfolgerungen nur eingeschränkt möglich. Dennoch verweisen die Ergebnisse auf einen Handlungs- und Informationsbedarf hinsichtlich einer kompetenten und altersgerechten Nutzung von Medien im Kindesalter sowie auf die Bedeutung der täglichen Vorlesezeit für die sprachliche Entwicklung. Longitudinale Studien sind erforderlich, um Informations- und Aufklärungsarbeit zukünftig noch zielgruppenspezifischer zu gestalten.